Präses Schneider: Auch Missionare sind schuldig geworden

Windhuk In Namibia hat der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Nikolaus Schneider, eine Mitschuld der Kirche an den Verbrechen der kaiserlichen Schutztruppe in der damaligen deutschen Kolonie Südwestafrika bekannt. "Die Missionare haben sich nicht eindeutig gegen die Kolonialmacht gestellt, sie haben versucht zu vermitteln", sagte Schneider in seiner Predigt bei einem vierstündigen Gottesdienst in einem Stadion der namibischen Hauptstadt Windhuk: "Sie sind mitschuldig geworden. Das ist die Schuld unserer Kirche."

In den Jahren 1904 bis 1908 hatten die Truppen von Kaiser Wilhelm II. Aufstände der Völker der Herero und der Nama brutal niedergeschlagen. Zehntausende Herero und Nama, der größte Teil der beiden Völker, kamen um, als die Schutztruppen sie in die Wüste trieben, von ihren Wasserstellen fernhielten und schließlich in Lagern internierten. Das sei "wie ein Völkermord" gewesen, sagte Schneider in seiner auf Englisch gehaltenen Predigt: "Wir werden das nicht vergessen." Zugleich würdigte Schneider die Arbeit der Missionare, die er als "erste Mütter und Väter des Glaubens" in Namibia bezeichnete.

Der rheinische Präses bekannte außerdem, die rheinische Kirche habe sich während der Zeit der Rassentrennung ("Apartheid") in Namibia nach dem Zweiten Weltkrieg "nicht immer eindeutig auf der Seite ihrer Partner" befunden.

Schneider bereist derzeit mit einer Delegation der rheinischen Kirchenleitung Namibia. Auf dem Programm steht neben Besuchen bei den lutherischen Kirchen des Landes, Gesprächen mit Politikern und einem Treffen mit dem deutschen Botschafter auch ein Besuch am Waterberg-Mahnmal. Am Waterberg hatten 1904 die deutschen Truppen den Herero eine entscheidende Niederlage beigebracht.

Die Verbindungen der rheinischen Kirche nach Namibia reichen bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. Damals wirkten rheinische Missionare im Süden des Landes. Aus ihrer Tätigkeit entstand 1957 die Evangelisch-Lutherische Kirche in der Republik Namibia (ELCRN). Sie ist heute mit gut 400 000 Mitgliedern die zweitgrößte der drei lutherischen Kirchen im etwa zwei Millionen Einwohner zählenden Namibia. Nach der Unabhängigkeit des Landes 1990 bekräftigte die rheinische Kirche die freundschaftlichen Beziehungen zur ELCRN mit einer offiziellen Übereinkunft.

(RP)
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