Berlin Linkspartei streitet über Neugründung

Berlin · Eine Offensive von Fraktionschefin Sahra Wagenknecht und Ex-Parteichef Oskar Lafontaine stößt in der Parteiführung auf harte Kritik.

Die Linke streitet über die Bildung einer neuen linken Partei. Die Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht und ihr Mann, Ex-Parteichef Oskar Lafontaine, treten für einen Neuanfang ein. Parteichefin Katja Kipping ist wie der Ko-Vorsitzende Bernd Riexinger dagegen und will sich für das "Projekt 15 Prozent" einsetzen, wie sie der Deutschen Presse-Agentur sagte.

"Natürlich wünsche ich mir eine starke linke Volkspartei", sagte Wagenknecht dem "Spiegel". "Viele in der SPD sind unzufrieden. Wenn man gemeinsam etwas Neues angeht, ist die Hürde vielleicht geringer, als wenn man sie einfach nur auffordert, in die Linke zu kommen." So ein Projekt könne aber nur funktionieren, wenn prominente Persönlichkeiten mitmachten, die den Menschen die Hoffnung zurückgäben, dass sich etwas bewege.

Bereits Lafontaine hatte angesichts des schlechten Abschneidens der SPD bei der Bundestagswahl zur Bildung einer linken Volkspartei aufgerufen, in der sich Linke, Teile der Grünen und der SPD zusammentun sollten. Kipping sprach sich dagegen aus: "Wenn es zu neuen linken Mehrheiten kommen soll, dann geht das nur über eine Linke, die größer und wirkungsmächtiger ist - Stichwort: "Größer werden statt Neugründung."

Die Linke sei jetzt bei guten zehn Prozent, obgleich sie einige Kontroversen gerade sehr öffentlich austrügen, sagte Kipping angesichts der nach der Bundestagswahl ausgebrochenen Kontroversen zu mehreren Themen und dem Verhältnis des Führungspersonals. "Lösen wir unsere Differenzen nach vorne auf, dann können wir eine Politik für potenzielle 15 Prozent machen." Kipping argumentierte: "Verbinden und nicht spalten - so beginnt jede wirkliche Sammlung und jeder Aufbruch." Es gehe eher um "das Projekt 15 Prozent" statt um eine Neugründung. Die Linke habe 2017 über 8500 Neumitglieder aufgenommen.

Der Ko-Vorsitzende Bernd Riexinger sagte, die Mehrheit der neuen Mitglieder sei unter 35. "Im Westen sind wir sogar die jüngste Partei." Kapitalismuskritik sei wieder angesagt bei jungen Leuten. "Diese neue linke Generation wird eine wichtige Rolle spielen in der Auseinandersetzung darüber, in welche Richtung sich diese Gesellschaft entwickelt." Die SPD habe sich nicht von der Agenda 2010 mit den Hartz-Reformen verabschiedet, die Grünen würden zur Partei der Automobilindustrie - "halt mit ,Elektro' davor", kritisierte Riexinger.

Gemeinsam gedachten die Fraktions- und Parteichefs, Lafontaine und weitere gestern mit tausenden Menschen der Kommunistenführer Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Diese waren vor 99 Jahren ermordet worden. Am Berliner Zentralfriedhof Friedrichsfelde wurden Kränze und rote Nelken niedergelegt. Luxemburg und Liebknecht, zunächst SPDler, später Gründungsmitglieder der Kommunistischen Partei Deutschlands, wurden am 15. Januar 1919 von Freikorps-Soldaten in Berlin erschossen. Ihrer Ermordung ging der blutig niedergeschlagene Spartakusaufstand voraus, mit dem die Wahl zur Nationalversammlung verhindert und eine Räterepublik errichtet werden sollte.

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort