Gemäßigte Islamisten stärkste Kraft in Marokko

Rabat (dapd) Die gemäßigte islamistische Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (PJD) unter Abdelillah Benkirane hat die Wahl in Marokko für sich entschieden. Mit 107 von 395 Sitzen zieht sie als stärkste Kraft in das neue Parlament ein, wie das Innenministerium in Rabat am Abend bekannt gab. Abgeschlagen mit 60 Mandaten folgte die rechts des Zentrums angesiedelte Partei Istiqlal. Die Wahlbeteiligung lag nach Regierungsangaben bei 45 Prozent. Die Partei mit den meisten Sitzen wird nach den Bestimmungen der neuen Verfassung mit der Regierungsbildung beauftragt.

Die schärfste Konkurrenz der PJD, eine Allianz namens Demokratischer Block aus acht liberalen, regierungsnahen Parteien, errang zwar zusammengenommen mehr als 100 Sitze; keine ihrer Parteien kann aber allein der PJD gefährlich werden und die Regierungsbildung für sich beanspruchen. Auch die siegreiche PJD muss sich allerdings nach einem Koalitionspartner umsehen. Unter anderem die Istiqlal hat bereits Interesse signalisiert.

Auffällig war die hohe Zahl der ungültigen Stimmen. Eine Wahlbeobachtermission aus den USA schätzte deren Anteil auf 20 Prozent. "Der Nachdruck, mit dem einige Menschen ihren Protest auf ihren Wahlzetteln ausdrückten, wurde von vielen unserer Beobachter in allen Teilen des Landes bemerkt", sagte Bob Rae, Mitglied der Delegation des National Democratic Institute mit Sitz in den Vereinigten Staaten und Parteichef der kanadischen Liberalen. In einer Erklärung stellte die Beobachtermission ein Interesse der Bürger an weiterreichenden Reformen fest.

Der "Arabische Frühling" hatte im Frühjahr auch Marokko erfasst. Doch anders als die später gestürzten Machthaber Hosni Mubarak in Ägypten, Zine el Abidine Ben Ali in Tunesien und Muammar al Gaddafi in Libyen reagierte der marokkanische König Mohammed VI. mit vorgezogenen Wahlen auf die Proteste der Demokratiebewegung. Parlament und Regierungschef ließ er in einer Verfassungsänderung außerdem mehr Rechte einräumen.

(RP)
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