Madrid erinnert an Zweiten Weltkrieg Spanien fordert mehr Solidarität von Deutschland

Berlin · Spaniens Europaminister Iñigo Mendez de Vigo hat von Deutschland mehr Solidarität in der Eurokrise gefordert. Dabei rät er den Deuschen, die Geschichte nicht zu vergessen. Nach dem Zweiten Weltkrieg sei Deutschland in einer schwierigeren Situation geholfen worden, so der spanische Politiker.

Juli 2012: Der Bundestag beschließt trotz großer Bedenken Spanien-Hilfen
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"Deutschland hat wie kein anderes Land von den Exporten innerhalb der EU profitiert", sagte der Politiker der "Bild"-Zeitung vom Samstag.

Zudem dürfe die Geschichte nicht vergessen werden. "Die EU ist eine Erfolgsgeschichte des Aufbaus, des friedlichen Miteinanders", sagte er. Nach dem Zweiten Weltkrieg sei Deutschland "in einer weitaus schwierigeren Situation auch sehr geholfen" worden. Viele Länder hätten auf Geld "zugunsten Deutschlands verzichtet".

Mögliche Pleite

De Vigo warnte darüber vor einer Diskussion über Griechenlands mögliche Pleite. "Ich halte es für sehr gefährlich, was gerade auch in Deutschland passiert", sagte er der Zeitung. "Man bekommt das Gefühl, dass einige Politiker eine Pleite förmlich herbei reden wollen." Die Eurozone drohe, zu zerbrechen, wenn in Deutschland weiter auf diese Weise diskutiert werde.

Zuletzt hatte unter anderem Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) mit öffentlichen Überlegungen zu einem Austritt Athens aus der Gemeinschaftswährung für Wirbel gesorgt. Dieser habe "längst seinen Schrecken verloren", hatte Rösler gesagt und war dafür heftig kritisiert worden.

Schäuble wehrt sich gegen Spekulationen

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist indes Berichten über ein neues Hilfsprogramm für Spanien entgegengetreten. "Nein, an diesen Spekulationen ist nichts dran", sagte Schäuble der "Welt am Sonntag" zu Berichten, der Euro-Rettungsfonds EFSF könnte demnächst spanische Staatsanleihen aufkaufen, um so die Nachfrage zu erhöhen und die Zinslast zu verringern. Schäuble wies darauf hin, es sei bereits ein hinreichend großes Hilfspaket für Spanien geschnürt worden. Dieses 100-Milliarden-Euro-Paket zur Rekapitalisierung spanischer Banken schließe auch eine Soforthilfe von 30 Milliarden Euro ein.

"Der Finanzbedarf Spaniens ist kurzfristig nicht so groß", wandte sich Schäuble gegen eine Dramatisierung der Lage. "Die hohen Zinsen sind schmerzlich, und sie schaffen eine Menge Beunruhigung - aber die Welt geht nicht unter, wenn man bei einigen Anleiheauktionen ein Paar Prozent mehr zahlen muss", sagte der Bundesfinanzminister. Die Zinsen für spanische Staatsanleihen hatten in den vergangenen Tagen die als kritisch geltende Schwelle von sieben Prozent überschritten.

Schäuble äußerte sich aber überzeugt, dass die spanischen Reformanstrengungen, die er ausdrücklich lobte, bald belohnt werden dürften.

Presseberichte

Zuvor war berichtet wurden, dass die Euroländer bereit sind, weitere Hilfen aus dem Euro-Rettungsfonds EFSF für Spanien mitzutragen. Wie die "Süddeutsche Zeitung" am Samstag unter Berufung auf Quellen in Brüssel berichtete, will die Europäische Zentralbank (EZB) spanische Staatsanleihen von Geldinstituten und anderen Investoren kaufen, um so die Nachfrage zu erhöhen und die Zinslast zu verringern. Die Zinsen hatten in den vergangenen Tagen die kritische Schwelle von sieben Prozent überschritten.

Die EZB soll dem Bericht zufolge im Namen des bestehenden Euro-Rettungsfonds EFSF tätig werden. Die Zentralbank kann demnach sofort aktiv werden, sobald ein entsprechender Antrag Spaniens bei den Euroländern eintrifft, berichtete die "Süddeutsche Zeitung". Diese sind offenbar zu dem Schritt bereit. Die entsprechenden Vorbereitungen seien getroffen, hieß es in Brüssel.

EZB-Präsident Mario Draghi hatte am Donnerstag gesagt, die EZB sei bereit, "alles Notwendige zum Erhalt des Euro zu tun." An den europäischen Börsen sorgte Draghis Bekenntnis für ein Plus.

Erklärung von Merkel und Hollande

Am Freitag hatten Angela Merkel und ihr französischer Kollege Francois Hollande eine gemeinsame Erklärung für den Erhalt der Eurozone veröffentlicht. Die SPD begrüßte die Erklärung. Der Haushaltsexperte Carsten Schneider sagte, er hoffe, dass Merkel jetzt bereit sei, den Deutschen zu sagen, dass die Europäische Union auch etwas koste und wegen der höheren Haftungsübernahme das Grundgesetz geändert werden müsse.

Er gehe davon aus, dass das Verfassungsgericht eine Volksabstimmung verlangen wird. Zur Finanzierung weiterer Rettungspakete sollte Vermögen stärker besteuert werden, verlangte Schneider im Deutschlandradio Kultur.

(AFP)
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