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Schuldenkrise in Griechenland Merkel steht vor ihrer vielleicht schwierigsten Entscheidung

Brüssel · Die Kanzlerin will Griechenland im Euro halten. Es ist eine der schwierigsten Entscheidungen ihrer zehnjährigen Kanzlerschaft. Vielleicht sogar die schwierigste. National wie international steht für Angela Merkel viel auf dem Spiel.

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Foto: dpa, Patrick Seeger

Macht die Kanzlerin im dramatischen Ringen um die Rettung der Euro-Mitgliedschaft Griechenlands einen Fehler, kann ihr Ruf als Vermittlerin und Strategin und solide Geldpolitikerin Schaden nehmen. Ein "Grexit" würde in Europa wohl zu allererst Merkel angelastet, der Frau, die seit Jahren in der Eurozone einen harten Sparkurs fährt. Auf der anderen Seite könnten erneute Milliarden-Euro-Hilfen für Athen ohne glaubhafte Gegenleistungen ihr Ansehen in Deutschland beschädigen.

Aus europa- und geopolitischer Sicht will Merkel einen Austritt Athens aus der Eurozone dringend verhindern. Koste es, was es wolle? Nein. Das macht sie auch vor Beginn des womöglich historischen Gipfels der Staats- und Regierungschefs der 19 Euroländer am Sonntag in Brüssel wieder deutlich: "Es wird auch keine Einigung um jeden Preis geben." Ein Papier von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) heizt Spekulationen an, Deutschland lege es auf einen Austritt Athens aus dem Euro an - zumindest vorübergehend.

Schäuble schlägt vor: Entweder soll Athen seine Spar- und Reformvorhaben - mit denen es ein neues Hilfspaket aus dem Euro-Rettungsschirm ESM mit drei Jahren Laufzeit und einem Umfang von 74 Milliarden Euro erhalten will - rasch, umfassend und nachweisbar verbessern. Oder Griechenland solle für fünf Jahre die Eurozone verlassen und Schulden restrukturieren.

Schäuble hätte diesen Vorstoß nicht ohne Merkels Zustimmung gemacht - und diese wiederum nicht ohne Abstimmung mit Vize-Kanzler Sigmar Gabriel (SPD). Damit sind auch Sozialdemokraten in Deutschland aufgeschreckt. Zum einen werfen sie Merkel vor, von der Europapartei, der CDU Helmut Kohls und Konrad Adenauers, wenig übrig zu lassen. Zum anderen nehmen sie den eigenen Parteichef Gabriel ins Visier.

Auch für die CDU-Vorsitzende Merkel lauert Gefahr in den eigenen Reihen. Viele Unions-Bundestagsabgeordnete hatten schon beim zweiten Hilfspaket Skrupel, Ja zu sagen. Für ein drittes Paket müssten Merkel und Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) viel Überzeugungsarbeit bei ihren Abgeordneten leisten. Denn Merkels wohl größte Niederlage wäre, wenn ihr eigene Fraktion mehrheitlich bei einer Abstimmung im Bundestag die Gefolgschaft verweigerte. Und die Vertrauensfrage - mit der sie ein Ja sicherlich erzwingen könnte - werde sie nicht stellen, heißt es in ihrem Umfeld.

Die Bundeskanzlerin wolle Griechenland im Euro halten und sei deshalb auch für ein drittes Hilfspaket für Griechenland offen, betonen deutsche Diplomaten in Brüssel. Merkel versuche, vor allem über Wirtschaftskraft und stabile Finanzen die Eurozone insgesamt, aber auch deren gemeinsame Werte zusammenzuhalten, erklären sie weiter. Ökonomisch schwache Länder setzen oft gezwungenermaßen andere Prioritäten als Bürgerrechte und Rechtsstaat.

Merkel wolle nun die Gefahr leerer Versprechungen Athens minimieren und fordere von Ministerpräsident Alexis Tsipras Garantien für Gegenleistungen ein. Das könnte eine schnelle Verabschiedung von Gesetzen im griechischen Parlament sein.

In den vergangenen fünf Jahren hat Griechenland internationale Hilfe von insgesamt 240 Milliarden Euro erhalten - und steht trotzdem vor der Staatspleite. Merkel beklagt offen den Verlust einer anderen Währung, einer politischen: "Das ist das Vertrauen und das ist die Verlässlichkeit."

Das deutsche Auszeit-Szenario soll den Druck auf Tsipras so erhöhen, dass dem der Ernst der Lage endgültig klar werde. Doch mehreren Ländern ist das zu hart. Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann:
"Ich glaube, dass die Möglichkeit besteht, zusammenzukommen, aber Vorschläge wie ein befristetes Ausschließen aus einer Währung halte ich für entwürdigend und außerdem für falsch."

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn reagiert via "Süddeutscher Zeitung" regelrecht entsetzt: "Wenn Deutschland es auf einen Grexit anlegt, provoziert es einen tiefgreifenden Konflikt mit Frankreich.
Das wäre eine Katastrophe für Europa."

Frankreichs sozialistischer Staatspräsident François Hollande mahnt: "Ein Grexit würde bedeuten, dass Europa sich rückwärts bewegt. Ich möchte das nicht." Einen quasi provisorischen Euro-Ausstieg kann es seiner Ansicht nach gar nicht geben. "Es gibt Griechenland in der Eurozone, oder Griechenland (ist) nicht mehr in der Eurozone."

Aus Merkels Umgebung verlautet, an der engen deutsch-französischen Abstimmung habe sich nichts verändert. Unabhängig davon unterstreicht Merkel öffentlich: "Wir werden heute harte Gespräche haben."

(dpa)
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