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Entscheidung am Samstag Abstimmung über neuen Brexit-Deal könnte denkbar knapp ausgehen

London · Die Regierung darf sich kaum noch Hoffnungen machen, die nordirische DUP vom neuen Brexit-Abkommen zu überzeugen. Premierminister Johnson muss auf Hilfe von Labour-Rebellen setzen. Doch die fürchten einen Ausverkauf von Arbeitnehmerrechten und Umweltstandards.

 Boris Johnson.

Boris Johnson.

Foto: dpa/Stefan Rousseau

Das Votum über den neuen Brexit-Deal im britischen Parlament am Samstag könnte wohl von einer Handvoll Stimmen entschieden werden. Das geht aus verschiedenen Analysen britischer Medien am Freitag hervor.

Premierminister Boris Johnson hat keine eigene Mehrheit im Parlament. Trotzdem hatte er sich nach der Einigung beim EU-Gipfel am Donnerstag „sehr zuversichtlich“ gezeigt, dass Abgeordnete aller Parteien bei näherer Prüfung den Nutzen einer Zustimmung erkennen könnten. Am frühen Freitagabend wollte der Regierungschef sein Kabinett auf den neuesten Stand bringen.

Auf die Hilfe der einstmals verbündeten DUP darf Johnson nicht hoffen. Die nordirisch-protestantische Kleinstpartei lehnt das Abkommen ab und will bei der historischen Sitzung des Parlaments am Samstag geschlossen dagegen stimmen. Das machte DUP-Brexit-Experte Sammy Wilson am Freitag in mehreren BBC-Interviews deutlich. Es handle sich um einen „vergifteten Deal“. Auf Twitter rief er Tory-Abgeordnete dazu auf, sich dem Abkommen ebenfalls zu widersetzen.

Bei den Brexit-Hardlinern in Johnsons Konservativer Partei traf das Austrittsabkommen jedoch auf weitgehende Zustimmung. Die auch als Spartaner bekannten Mitglieder der innerparteilichen European Research Group (ERG) wollten sich am Samstagfrüh über ein gemeinsames Vorgehen beraten. Erwartet wird jedoch, dass Johnson die überwiegende Mehrheit der Hardliner auf seiner Seite hat.

Unterstützung erhielt Johnson auch von einigen ehemaligen Konservativen Parlamentariern und Labour-Abgeordneten. Ob das für eine Mehrheit ausreichen wird, ist aber ungewiss. Beobachtern zufolge fehlen ihm mindestens zwischen zwei und sechs Stimmen. Hinter den Kulissen wurde am Freitag Berichten zufolge von beiden Seiten heftig um Stimmen geworben und gedroht. Von „mittelalterlichen“ Methoden war die Rede.

Der größte Unternehmerverband des Landes reagierte auf das neue Brexit-Abkommen zurückhaltend. Obwohl der Deal den Weg für eine Übergangsphase frei mache, habe die die Wirtschaft „schwere Bedenken hinsichtlich der künftigen Ausrichtung der britisch-europäischen Beziehung“, hieß es in einer Mitteilung der Confederation of British Industry (CBI). Die Londoner Denkfabrik The UK in a Changing Europe hatte erst kürzlich einen Bericht vorgelegt, wonach die Brexit-Pläne Boris Johnsons die britische Wirtschaft erheblich stärker negativ beeinflussen würden als der ursprüngliche Deal seiner Vorgängerin Theresa May.

Sorgen, Johnson könnte nach dem Austritt die Anbindung an europäische Standards bei Arbeitnehmerrechten, Umweltschutz und Wettbewerb auf ein Minimum reduzieren, dürften auch Labour-Abgeordnete und andere No-Deal-Gegner umtreiben, um deren Stimmen Johnson wirbt.

Der britische Premier will sein Land unbedingt zu Halloween am 31. Oktober aus der Staatengemeinschaft führen. Lange hatte er versichert, Großbritannien werde auch ohne Deal aussteigen. Ein britisches Gesetz verpflichtet ihn aber, bei der EU um Aufschub zu bitten, falls bis Samstag kein Abkommen vom Parlament gebilligt ist. In dem Fall dürften die EU-Staaten dies auch gewähren.

Die Befürworter eines zweiten Brexit-Referendums wollen ihr Anliegen nun doch nicht mit der Abstimmung am Samstag verbinden. Das machte der außenpolitische Sprecher der britischen Liberaldemokraten, Chuka Umunna, in einem BBC-Interview am Freitag deutlich. „Der Fokus morgen wird darauf liegen, den Deal zu Fall zu bringen“, sagte Umunna.

Brexit-Gegner wollen am Samstag in einer großen Demonstration in London für eine Abkehr vom EU-Austritt werben. Ein zweites Referendum hätte nur Chancen, wenn sich die größte Oppositionspartei Labour offiziell hinter den Plan stellen würde. Doch das scheint noch nicht der Fall zu sein. Labour-Chef Jeremy Corbyn äußerte sich am Donnerstag widersprüchlich dazu.

(mja/dpa)
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