Steinmeier attackiert Bundesregierung "Täuschen, Tricksen, Vernebeln"

Berlin (RPO). Die SPD-Opposition wirft Bundeskanzlerin Angela Merkel vor, in ihrer Regierungserklärung die wesentlichen Antworten schuldig geblieben zu sein. Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sprach von einem Fehlstart auf ganzer Linie. Steuergeschenke auf Pump seien "ökonomische Geisterfahrerei". Das wüssten auch die Bürger. Die Koalition spalte das Land.

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"Dieser Koalitionsvertrag reißt keine Mauern ein, er zieht neue Mauern hoch", sagte Steinmeier. Im Koalitionsvertrag seien von der Gesundheitspolitik über die Neuverschuldung bis zur Relativierung des Atomausstiegs Spaltungen angelegt. "Sie gefährden den sozialen Zusammenhalt", sagte der Oppositionsführer, der vor zwei Wochen noch Vizekanzler war.

Steinmeier hielt Merkel und Vizekanzler Guido Westerwelle (FDP) vor, eine Politik des "Täuschen, Tricksen, Vernebeln" zu fahren. Auch habe die Kanzlerin keine Regierungserklärung abgegeben. "Das war ein Regierungsrätsel", sagte der Oppositionsführer unter Verweis auf aus seiner Sicht fehlende Antworten auf Steuerfragen oder Finanzierungsquellen. "Die Schulden von heute sind die Steuerhöhungen von morgen", zitierte der SPD-Politiker den früheren Oppositionschef Westerwelle. An dieser Wahrheit habe sich durch den Regierungswechsel nichts geändert, geändert habe sich lediglich der FDP-Chef.

Scharf ging Steinmeier auch mit den gesundheitspolitischen Vorhaben von Union und FDP ins Gericht. Durch das geplante Einfrieren der Arbeitgeberbeiträge würden Risiken durch steigende Kosten einseitig auf die Versicherten verlagert. "Das ist das, was ich Ausstieg aus Solidarität nenne", sagte der SPD-Fraktionschef und kündigte heftigen Widerstand gegen die Koalitionspläne an. Durch das im Koalitionsvertrag vereinbarte Betreuungsgeld würden "Anreize gegeben, dass die Kinder zuhause bleiben statt mit anderen zu lernen." Steinmeier wertete dies in Anlehnung an eine Äußerung von Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) als eine "bildungspolitische Katastrophe".

Linkspartei-Chef Oskar Lafontaine hat der schwarz-gelben Koalition Versagen im Umgang mit der Finanzkrise vorgeworfen. "Man fasst es nicht, wenn man sieht, in welchem Umfang diese Regierung die Zeichen der Zeit überhaupt nicht erkannt hat", sagte Lafontaine am Dienstag im Bundestag nach der Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Es handele sich um eine "falsche Regierung zur falschen Zeit".

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin attestierte der Koalition aus Union und FDP "dreifachen Wortbruch". Die meisten Bürger müssten ihre Steuerentlastungen für höhere Gesundheitskosten aufbringen. Vergessen sei ferner das Versprechen von Merkel, keine Steuersenkungen auf Pump zu finanzieren. Und für 1,3 Millionen arme Kinder schließlich werde das höhere Kindergeld unter dem Strich nichts bringen.

Scharfe Kritik übte anschließend auch Linke-Chef Oskar Lafontaine. Er warf Merkel vor, sie widme sich vor allem den Folgen der Finanzkrise, statt mit Nachdruck gegen deren Ursachen anzugehen und die Märkte zu regulieren. "Sie haben die wichtigste Aufgabe unserer Zeit überhaupt nicht erkannt", sagte der Linke-Politiker und fügte hinzu: "Die Finanzindustrie bestimmt die Politik, und nicht Sie". Die Politik sondere lediglich "Allgemeinplätze" ab, während die nächste "Blase" auf den Finanzmärkten bereits vorbereitet werde.

(DDP/RTR/pst)
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