20 Jahre Mauerfall Berlin feiert den Sieg der Freiheit

Berlin (RP). 20 Jahre nach dem 9. November 1989 zelebrierte Deutschland mit einem Volksfest symbolisch das Ende von Stacheldraht und Schießbefehl ­ wie seinerzeit in der historischen Entwicklung brachten der damalige polnische Arbeiterführer Lech Walesa und der frühere ungarische Ministerpräsident Miklos Nemeth die nachgebauten Steine zu Fall.

Der 9. November 2009 in Berlin
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Ja, das ist das Zittern und Frieren wert: 20 Jahre nach dem Mauerfall den Sturz der Steine noch einmal aus nächster Nähe mitzuerleben. Dieses Mal allerdings in der Art eines nationalen Domino-Day. Der "eiserne Vorhang” geht in Form wenig bedrohlicher, bunt bemalter Styropor-Symbolik nieder. Eine heiter-leichte Variante jener Nacht, die die Deutschen zum glücklichsten Volk der Welt machte.

In den Stunden zuvor sind bei den regenschirm-geschützten Wartenden zwischen Spree und Potsdamer Platz am Brandenburger Tor vorbei im eiskalten Dauerregen die Zweifel gewachsen, ob man es nicht besser so gehalten hätte wie Angela Merkel am Abend des 9. November 1989: vor dem historischen Moment noch einmal in die Sauna gehen —­ und dann vorgewärmt die Stippvisite über die Grenze probieren.

Die Neugierde der jungen Physikerin Merkel von der nahe gelegenen Schönhauser Allee 104 hat sich bei der erfahrenen Bundeskanzlerin 20 Jahre später in sprühende Fröhlichkeit verwandelt. Rechts von ihr der damalige Bürgerrechtler Joachim Gauck, links von ihr der damals ausgebürgerte DDR-Liedermacher Wolf Biermann, so schreitet sie am Nachmittag zügig auf die Bösebrücke, jenen Ort an der Bornholmer Straße, wo damals die DDR-Grenzer und der erste Schlagbaum vor den drängenden Bürgern kapitulierten.

Und es ist in gewisser Weise wieder so wie damals: völlig chaotisch. Alles drängelt, zwängt und schiebt, um möglichst dicht heranzukommen, wenn Angela Merkel wieder von Ost nach West wechselt, dieses Mal begleitet vom damaligen Sowjet-Staatschef Michail Gorbatschow. Das Mauerfall-Jubiläum hat die Hauptstadt wieder zur geteilten Stadt gemacht. Die Bornholmer Straße ist für Stunden dicht, auch die Ost-West-Achse mitten im Zentrum ist für die Feier seit Tagen unterbrochen.

Gauck transportiert den Slogan von 1989 in die Aktualität: "Unser ,Yes we can‘ ist ,Wir sind das Volk‘.” So ruft es auch jetzt aus der Menge, und Merkel greift es direkt auf: "Das stimmt”, und auch das Gedränge stimme: "wie am 9. November”. Sie spricht mit Zeitzeugen, die sich zur Erinnerung an jedem 9. November auf der Brücke treffen. Und sie unterstreicht: "Dies ist ein Feiertag nicht nur für die Deutschen, sondern für ganz Europa und alle Menschen auf der Welt, die heute mehr Freiheit haben.”

Das belegt die Gästeliste: Die Staats- und Regierungschefs der EU sind zum nass-kalten Mitfeiern komplett angereist, dazu US-Außenministerin Hillary Clinton (mit Video-Gruß des Präsidenten im Gepäck) und nicht zuletzt Russlands Staatspräsident Dmitri Medwedew. Er gehört zu jenen, die vor dem Brandenburger Tor stellvertretend für die damaligen Alliierten den Deutschen gratulieren. Für ihn bedeutet der Mauerfall "Fortschritt und Freiheit für ganz Europa”, ja einen "Wendepunkt für die ganze Welt”.

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy freut sich mit den "lieben Freunden”. Clinton wendet sich an die Millionen Herzen, die hinter denen standen, die die Mauer niederrissen. Während 1000 Helfer die Klammern von den 1000 Steinen lösen, mit denen sie auf dem ehemaligen Grenzverlauf fixiert sind, kommt Katrin Hattenau zu Wort. Sie ging damals auf die Straße und dafür ins Gefängnis, und als sie wieder rauskam, war die Freiheit erkämpft. Ihr Appell an die, die heute 20 sind: "Nehmt euch die Freiheit, wir können Träume wahr machen.”

Und so wie Lech Walesa 1980 mit seiner Solidarnosc dem polnischen Staatssozialismus erfolgreich die Stirn bot und Ungarns Premier Miklos Nemeth im Sommer 1989 erstmals den Eisernen Vorhang durchtrennte, sorgen sie auch nun dafür, die Mauer zu Fall zu bringen. Minutenlang geht mit jedem umstürzenden Domino-Stein ein dumpfes Knallen durch die Stadt. Das klingt ganz anders als vor 20 Jahren. Der Jubel ist der gleiche.

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(RP)
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