Problemfall Bahn Mit Modulbau zu mehr Pünktlichkeit

Berlin · Die Probleme der Bahn kennt inzwischen jeder. Wie sie zügig behoben werden sollen, dafür hat jetzt eine „Beschleunigungskommission“ Vorschläge erarbeitet. Nicht nur Finanzfragen, sondern selbst der Einsatz von Baumaschinen ist ins Visier geraten.

Due Bahn soll flottgemacht werden. Durch schnellere Genehmigungsverfahren, eine andere Finanzierung und mehr Digitalisierung.

Due Bahn soll flottgemacht werden. Durch schnellere Genehmigungsverfahren, eine andere Finanzierung und mehr Digitalisierung.

Foto: dpa/Fabian Sommer

„So, wie es ist, kann es nicht bleiben.“ Diesen Satz wiederholte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) am Dienstag. Und er ergänzte: „Das braucht man niemanden in Deutschland mehr zu erklären.“ Die Bahn ist ein Sanierungsfall. Weil die Kapazitäten zu gering sind, die Infrastruktur marode ist und die Zuverlässigkeit miserabel. Damit sich das schnell ändert, hat die von Wissing einberufene „Beschleunigungskommission Schiene“ nach nur sechs Monaten jetzt ihre Handlungsempfehlungen vorgelegt. 123 Seiten. Fragen und Antworten dazu.

Was ist die wesentliche Empfehlung?

Ausgerechnet eine aus dem Bereich der Finanzierung. Aus Kreisen der Kommission hieß es, es gebe derzeit 190 Töpfe, mit der das System Bahn und insbesondere die Schieneninfrastruktur finanziert werde - ein „Dickicht“. Obendrauf kommen noch mal die Eigenmittel des Konzerns. Für viele Finanzierungsquellen bestehen aber unterschiedliche Regelungen zur Mittelnutzung oder die Zuordnung ist nicht eindeutig gegeben. Die Folge: Ineffizienz. Die Kommission unter Vorsitz des Schienenbeauftragten der Bundesregierung, Michael Theurer (FDP), schlägt daher eine komplett neue Finanzierungsarchitektur für die Bahn vor – analog der Schweiz.

Das bedeutet konkret?

Es sollen zwei separate Schieneninfrastrukturfonds entstehen, der eine zur Finanzierung des Bestandsnetzes, der andere für den Ausbau und die Modernisierung. Dafür - und für die anderen Vorschläge - braucht es aber jede Menge Gesetzesänderung; auch der Finanzminister hat ein Wörtchen mitzureden. Ab dem Jahr 2024 dürfe es sowieso keine offenen Finanzfragen mehr geben, betonte Wissing. Weil von da an die Bauvorhaben in den hoch belasteten Bahn-Korridoren abgearbeitet werden sollen.

Was soll jetzt schnell helfen?

Klingt eigentlich simpel, dürfte in der Umsetzung aber ebenso kompliziert sein: Für kleine und mittlere Baumaßnahmen sollen Umfang und Dauer von Genehmigungsverfahren gesenkt werden. „Ob neue Weichen, längere Überholungsgleise oder die Schließung von Elektrifizierungslücken – solche kleinen Maßnahmen mit großer Wirkung brauchen keine aufwendigen Wirtschaftsnachweise und Genehmigungsverfahren“, heißt es in dem Bericht. In bestimmten Fällen sollen einfache, behördliche Prozesse ausreichen. Was die Planungsbeschleunigung insgesamt angeht, zeigt sich derzeit allerdings, dass die Koalitionäre grundsätzlich darüber streiten, welche Infrastrukturprojekte schneller umgesetzt werden sollen. Das dürfte die Umsetzung nicht einfacher machen.

Wie soll die Bahn künftig bauen?

„Kapazitätsschonend“, heißt es im Bericht, um unter anderem Sperrzeiten im Schienennetz zu verringern. Die Experten schlagen konkret eine schnellere Zulassung von innovativen gleisgebundenen Baumaschinen vor, was bislang oft mehr als 18 Monate dauere. Auch sollten künftig mehr Modul- und Schnellbausysteme genutzt werden, um die Zeit beim Brückenbau zu verringern. „Eine kontinuierliche Auslastung der Kapazitäten über mindestens elf Monate im Jahr gewährleistet das ganzjährige Bauen“, so die Experten. Die wichtigsten Strecken sollen zuerst saniert werden. Unter dem Strich hofft man auf mehr Effizienz.

Welche Rolle spielt die Digitalisierung?

Gerade digitale Methoden sollen helfen. Im Bericht ist von einem „hierarchischen und durchgehend digitalisierten Kapazitätsmodell“ die Rede. Oder anders – wo ist was zuerst möglich. So ließen sich Kundenwünsche und Baumaßnahmen etwa durch Simulationen optimal aufeinander abstimmen. Ein digitales Management erkenne frühzeitig Störungsrisiken von Anlagen. Auch ist die Rede von mehr intelligenten Zugsteuerungssystemen. Denn: „Ob das Anfahren- und Abbremsen, das An- und Abkoppeln von Waggons oder das Warten auf die Abfahrt am Bahnhof – alles kostet wertvolle Minuten und damit Pünktlichkeit und Kapazität.“

Wie geht es jetzt weiter?

Theurer betonte, die Vorschläge sollten „in den nächsten drei bis fünf Jahren“ umgesetzt werden. Wissing will sie zunächst in Eckpunkte gießen und vom Kabinett beschließen lassen. Entscheiden muss dann aber der Bundestag, der viele gesetzliche Änderung vornehmen muss. Also braucht es Einvernehmen in der Koalition. Und die Bahn sollte auch mitspielen – wobei sie angesichts der Lage wohl keine andere Wahl hat.

(has)
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