Prozess gegen Ex-Präsidenten kann eingestellt werden Gericht sieht bei Christian Wulff keine strafbare Tat

Hannover · Der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff bekommt vom Landgericht Hannover das bestätigt, was er immer gesagt hat: dass der Vorwurf der Vorteilsnahme eine Farce ist. Der Prozess gegen ihn könnte schon im Januar eingestellt werden.

Christian Wulff beim Prozessauftakt
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Nach acht von ursprünglich geplanten 22 Verhandlungstagen (erst am 2. April 2014 sollte Schluss sein) vor dem Landgericht Hannover bekam Wulff am Donnerstag in einer bedeutungsschweren Zwischenbilanz des Vorsitzenden Richters nach etlichen Zeugenvernehmungen bestätigt, was er zu Prozessauftakt mit hochgerecktem Kopf und durchgedrücktem Kreuz in seiner einstündigen Stellungnahme gesagt hatte: dass er den Vorwurf der Staatsanwaltschaft, sich wegen Vorteilsannahme im Amt schuldig gemacht zu haben, sowohl als Farce als auch als ehrabschneidend betrachte.

Angebot der Staatsanwälte hatte Wulff ausgeschlagen

Wulff hatte vor Beginn der Hauptverhandlung auch noch gesagt, er wolle nunmehr, dass endlich Recht gesprochen werde und ihm Gerechtigkeit widerfahre. Folgerichtig hatte er zuvor das Angebot der Staatsanwälte ausgeschlagen, sich gegen Zahlung einer Summe von 20.000 Euro mit der Einstellung des Verfahrens einverstanden zu erklären.

Zwar wird das Gericht in den drei Verhandlungstagen im Januar noch wenige Zeugen zu Wort kommen lassen; aber sofern diese sich ähnlich nichtssagend äußern, wie dies gestern eine österreichische Oktoberfest-Bedienung getan hat, wird die rechtliche Zwischenbilanz (keine Beweise für strafwürdige Vorteilsannahme) die inhaltliche Vorbotin des baldigen Freispruchs des Angeklagten gewesen sein.

Die Wiesn-Wirtin, die wegen eines orthopädischen Leidens nicht in Hannover erscheinen musste, vielmehr per Video zugeschaltet worden war, erwies sich als eine im Sinne der Anklage total unergiebige Zeugin: Sie könne sich kaum an den Besuch von Christian und Bettina Wulff im Käfer-Festzelt auf dem Oktoberfest erinnern. Von Einzelheiten des damaligen Ess- und Trinkverhaltens der prominenten Partygesellschaft sowie der Zahlungsmodalitäten ganz zu schweigen.

Welch skurrile Züge die Hauptverhandlung angenommen hatte, belegt auch der natürlich untaugliche Versuch der Beweisaufnahme, die Kellnerin darüber zu befragen, ob der Angeklagte Wulff darauf bestanden habe, man möge wegen der anwesenden Fotografen den Kühler mit der Champagnerflasche unterm Tisch verborgen deponieren.

Der Auftritt von Bettina Wulff

Ungleich bekanntere Zeuginnen als die Kellnerin ohne Erinnerungsvermögen an besagtem Oktoberfestabend waren vor Kurzem zwei Damen: Maria Furtwängler-Burda und Bettina Wulff, die jede auf ihre überzeugende Art und Weise den Angeklagten Wulff und damit indirekt den mitangeklagten Groenewold entlasteten. Bettina Wulff, die von ihrem Ehemann seit Längerem getrennt lebt und sich vom Vorsitzenden die Frage anhören musste, ob auch kein Hass gegen den Noch-Angetrauten im Spiel sei, legte nach Meinung aller Beobachter einen grandiosen Auftritt hin.

Sie berichtete wortgewandt von der tatsächlich engen Freundschaft zwischen Groenewold und ihrem Mann und den üblichen Gepflogenheiten, dass bei Begegnungen wie jener im Herbst 2008 mal der eine, mal der andere bezahlt habe. Wie man das unter besten Freunden so hält. Die für den Nachweis der strafbaren Vorteilsannahme tatbestandsmäßige Voraussetzung einer Unrechtsvereinbarung zwischen Vorteilsgeber und -nehmer erwies sich als staatsanwaltschaftliches Kartenhaus.

Die Schauspielerin Furtwängler-Burda hatte den Richter so entgeistert wie spitz gefragt, was ihre Aussage als Partygast überhaupt zur Wahrheitsfindung beitragen könne. Der Gefragte hatte ebenso spitz geantwortet, das sehe sie beim Urteil. Wahrscheinlich hatte er da bereits im Sinn, was er gestern indirekt kundtat: Freispruch in Sicht.

(RP)
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