Zur Prävention von sexuellem Missbrauch FDP fordert Missbrauchsbeauftragte an Schulen

Exklusiv | Berlin/Düsseldorf · Im Kampf gegen sexuellen Missbrauch schlägt die FDP vor, dass Beauftragte an Schulen bei Verdachtsfällen Polizei und Jugendämter informiert. Für die Ämter fordert die Partei mehr Personal. Insbesondere die Zahl der Fälle von Kinderpornografie ist stark gestiegen.

 Polizeiabsperrung vor dem Campingplatz Lügde, wo jahrelang Männer Kinder sexuell missbraucht haben.

Polizeiabsperrung vor dem Campingplatz Lügde, wo jahrelang Männer Kinder sexuell missbraucht haben.

Foto: dpa/Guido Kirchner

Weil höhere Strafen keine ausreichend abschreckende Wirkung zeigten, will die FDP den Schwerpunkt im Kampf gegen sexuellen Missbrauch auf Prävention und Verhinderung legen. Der innenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Konstantin Kuhle, sagte unserer Redaktion: „Wir müssen das Entdeckungsrisiko für die Täter spürbar erhöhen.“

In einem gemeinsamen Vorstoß mit NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) schlägt Kuhle vor, an Schulen einen Missbrauchsbeauftragten einzusetzen, der bei Verdacht auf sexuellen Missbrauch Kontakt zu Jugendämtern und Polizei aufnimmt. „Den Schulen kommt eine besondere Bedeutung bei der Prävention von Gewalt und Missbrauch zu“, sagte der Innenpolitiker Kuhle.

Zudem sollen die Jugendämter, die in Verantwortung der Kommunen stehen, nach Vorstellung der FDP besser ausgestattet werden. „Die Jugendämter haben in einigen Bundesländern mit erheblicher Personalknappheit zu kämpfen“, sagte Kuhle. Statt einer PR-Kampagne des Bundesfamilienministeriums wäre es aus seiner Sicht besser, „wenn Bund und Länder sicherstellen, dass die Jugendämter mit genug ausgebildetem Personal versorgt sind.“ Wenn Mitarbeiter mit zu vielen komplexen Fällen belastet seien, trage das dazu bei, „dass Gewalt oder Missbrauch in der Bürokratie untergehen können“.

Die FDP-Politiker schlagen auch eine Fortbildungspflicht für Richter und Staatsanwälte vor. Wer in der Justiz tätig ist, müsse in der Lage sein, „die Bedürfnisse der Kinder zu erkennen und für potenziellen Missbrauch oder Gewalt in der Familie sensibilisiert werden“.

Hintergrund für den Vorstoß ist die Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion. Sie liegt unserer Redaktion vor. Aus ihr geht hervor, dass zwar die Fallzahlen insbesondere im Bereich der Kinderpornografie stark steigen. Die Zahl der Anklageerhebungen und Verurteilungen jedoch nicht in ähnlichem Maße.

Die Zahl der Ermittlungsverfahren im Bereich Erwerb, Verbreitung und Besitz von Kinderpornografie stieg zwischen 2016 und 2019 von 5687 auf 12.262. Bei den Verurteilungen stieg die Zahl hingegen bloß von 1847 auf 2247. Im Bereich (schwerer) sexueller Missbrauch von Kindern stieg die Zahl der Ermittlungsverfahren insgesamt zwischen 2015 und 2019 von 11.808 auf 13.670; die Zahl der Verurteilungen sank hingegen von 1920 auf 1834.

Das Bundesinnenministerium unterstützt nach eigenen Angaben Maßnahmen gegen die Verbreitung von Kinderpornografie. „Ein zentraler Punkt ist es, den Fokus der polizeilichen Aufklärungsarbeit auf die oft leichtfertige oder unbewusste Verbreitung von Kinderpornografie durch Personen zu legen, die nicht dem pädophilen oder pädosexuellen Spektrum angehören“, heißt es in der Antwort.

(her)
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