Ansprechpartner für Betroffene von sexualisierter Gewalt im Bistum Erkelenzer Richter hilft Missbrauchsopfern

Erkelenz · 192 Opfer von sexuellem Missbrauch gab es im Bistum Aachen – und das ohne Dunkelziffer. Um ihnen zu helfen, beruft das Bistum fünf Vertrauenspersonen. Dazu zählt auch der Erkelenzer Rainald Rambo.

 Richter Rainald Rambo sitzt im Düsseldorfer Landgericht.

Richter Rainald Rambo sitzt im Düsseldorfer Landgericht.

Foto: picture alliance/dpa/Martin Höke/DPA

Rainald Rambo aus Erkelenz begegnet seinem neuen Amt mit einer gehörigen Portion Respekt. Er, dem als Richter am Düsseldorfer Landgericht stets Respekt entgegengebracht wird, geht mit großer Sorgfalt und einem hohen Verantwortungsgefühl an die Aufgabe heran, die ihm vom Bistum Aachen angetragen wurde. Rainald Rambo (58) ist einer von fünf unabhängigen Ansprechpersonen, die nach der Veröffentlichung des Missbrauchs-Gutachtens im November 2020 eingesetzt wurden, um als erste Anlaufstelle für Betroffene von sexualisierte Gewalt, für Angehörige, für Menschen mit Vermutungsmeldungen und für weitere Fragen zur Verfügung zu stehen.

Dem Bischöflichen Generalvikariat waren im Oktober des vergangenen Jahres 192 Betroffene sexualisierter Gewalt bekannt. Insgesamt 94 Priester, Ordensleute, Diakone und Priesteramtskandidaten des Bistums Aachen wurden der sexualisierten Gewalt beschuldigt.

Als Teil der Fachstelle Pia (Prävention, Intervention, Ansprechpartner) wird der Richter gemeinsam mit Ekkehard Höhl aus Aachen, Martin von Ditzhuyzen aus Nettetal, Monika Meinhold aus Eschweiler und Christina Engels aus Aachen tätig. Alle fünf sind im gesamten Bistum zuständig, es gibt kein Lokalitätsprinzip, wonach sich Rainald Rambo ausschließlich um Betroffene aus Erkelenz kümmern würde.

Die neue Funktion sei richtig und wichtig. Er habe sich darauf gemeldet, nachdem ihn ein Bekannter darauf hingewiesen hatte, berichtet Rainald Rambo. Nach einem öffentlichen Ausschreibungsverfahren wurden die Ansprechpartner von Bischof Helmut Dieser zunächst für ein Jahr ernannt. „Ich möchte für die Betroffenen ein offenes Ohr haben und sie in allen Belangen unterstützten“, so fasst er seinen Auftrag zusammen. Durch seine langjährige Erfahrung als Richter und Mediator weiß er auf das zu achten, was sie Menschen wirklich bewegt.

Rainald Rambo und seine Mitstreiter sollen denjenigen Gehör verschaffen, die bislang stumm geblieben sind oder schlicht nicht gehört wurden. Die Ansprechpartner führen Beratungsgespräche und unterstützen Betroffene auch in einem eventuellen Verfahren bis zur Anerkennung des Leids und in Nachsorge-Fragen. Es dürfe nicht wieder geschehen, dass die Sichtweise der Betroffenen anderen Prioritäten untergeordnet werden, betont Martin van Ditzhuyzen. Es sei den Verantwortlichen ernst damit, wenn es um die Aufklärung der Vergangenheit, der Vorbeugung und dem entschiedenen Handeln in aktuellen Situationen gehe, meint er.

Die rückhaltlose Aufarbeitung des Unrechts durch sexuellen Missbrauch und die Gewährung einer angemessenen materiellen Anerkennung des erlittenen Leids sei aus seiner Sicht „eine Pflicht der Gemeinschaft und die einzige Möglichkeit, Vertrauen zurückzugewinnen“, meint Rainald Rambo, der im ständigen Austausch mit seinen Kollegen steht und bereits erste Gespräche mit Betroffenen geführt hat. Es dürfe nicht mehr sein, dass Unrecht und unrechtmäßiges Verhalten Spuren in der kirchlichen Gemeinschaft hinterlassen.

Auch 40 oder 50 Jahre nach einem Missbrauch sei es für Betroffene sehr wichtig, über die Erlebnisse sprechen zu können und zu erfahren, dass ihr Leid nun auch von der katholischen Kirche anerkannt werde, ergänzt Christina Engels. „Viele Chancen hat die Kirche nicht mehr“, sagt Rainald Rambo. Auch dieser Erkenntnis flößt Respekt ein; Respekt, Verpflichtung und Verantwortung gegenüber den Menschen ebenso wie gegenüber der Kirche, die Transparenz wünscht und verlorenes Vertrauen zurückgewinnen will.

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