Beer: Flüchtlinge sollten Asyl in Deutschland erhalten "Cap Anamur": Italien hebt Blockade auf

Köln (rpo). Nach tagelangem Tauziehen hat das deutsche Rettungsschiff "Cap Anamur" mit 37 afrikanischen Flüchtlingen an Bord die Genehmigung zur Einfahrt in den sizilianischen Hafen Porto Empedocle erhalten. Die Flüchtlinge wollen in Deutschland Asyl beantragen - Innenminister Schily hat aber bereits abgewunken.

Cap Anamur
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"Wir laufen in diesem Moment in den Hafen ein", berichtete am Montag Cap-Anamur-Chef Elias Bierdel in einem Telefongespräch mit einer Nachrichtenagentur. Die Genehmigung dazu sei plötzlich und unerwartet über Funk gekommen.

"Unser Auftrag ist heute erfüllt, wir bringen Schiffbrüchige, die wir in internationalen Gewässern aufgenommen haben, in einen sicheren Hafen", betonte Bierdel. Der Cap-Anamur-Chef kündigte gleichzeitig weitere Rettungsaktionen an. "Wir hoffen, dass wir nach dem Muster, das wir hier einmal konfrontativ durchstehen mussten, weiter verfahren dürfen. Denn da draußen auf dem Meer geht das Sterben der Flüchtlinge weiter. Der Einzige der sich darum kümmern will, Cap Anamur, muss dies weiter dürfen. Es darf nicht sein, dass Bürokraten verhindern, dass Menschenleben gerettet werden."

Bierdel zeigte sich überrascht vom plötzlichen Nachgeben der italienischen Behörden. Kurz zuvor habe man der Hilfsorganisation noch mit staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gedroht. Dann sei plötzlich über Funk die Einfahrt in den Hafen freigegeben worden. "Das war fast ein Schock, eine riesige Freude. Wir haben uns hier in den Armen gelegen. Man konnte es fast kaum glauben." Nach dem Festmachen würden die Behörden an Bord kommen. Dann werde alles nach den normalen Prozeduren ablaufen, sagte Bierdel.

Die Cap Anamur hatte bereits vor drei Wochen insgesamt 37 in einem Schlauchboot im Mittelmeer treibende Afrikaner aufgenommen. Italien blockierte jedoch seit rund zehn Tagen die Einfahrt von Porto Empedocle mit der Begründung, das Schiff habe zuvor ein zu Malta gehörendes Seegebiet passiert. Deshalb müssten Asylanträge dort gestellt werden. Zuletzt hatten sogar die Vereinten Nationen Italien aufgefordert, die Flüchtlinge in den Hafen zu lassen.

Im Laufe des Sonntags hatte sich das Drama um die 36 aus der sudanesischen Krisenregion Darfur stammenden Flüchtlinge und einem Mann aus Sierra Leone dramatisch zugespitzt. Der Kapitän der "Cap Anamur" setzte vor Porto Empedocle zunächst einen Notruf ab und steuerte dann mit voller Fahrt den Hafen an. Das der gleichnamigen Kölner Hilfsorganisation gehörende Schiff wurde aber von italienischen Küstenwachtbooten gestoppt, die ihm vor den Bug fuhren.

Das Innenministerium in Rom begründete das Anlegeverbot am Sonntagabend mit "mysteriösen Aspekten des Verhaltens von Schiff und Besatzung". Die Hilfsorganisation warnte unterdessen, die Flüchtlinge seien in einem körperlich und psychisch sehr schlechtem Zustand.

Die Flüchtlinge können nach Angaben des Bundesinnenministeriums in Deutschland kein Asyl beantragen. "Der Staat, der zuerst erreicht wird, ist für die Annahme von Asylanträgen und die Entscheidung darüber zuständig", sagte der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Rainer Lingenthal, am Montag in Berlin. Dafür gebe es klare rechtliche Regelungen innerhalb der Europäischen Union. Die Flüchtlinge würden von Italien an Land gelassen, damit sei Rom für die Bearbeitung aller ausländer- und asylrechtlichen Fragen zuständig.

Nach Angaben des Komitees Cap Anamur beantragten die Flüchtlinge Asyl in Deutschland. Lingenthal sagte dazu, die Flüchtlinge hätten angeblich dem Kapitän des Schiffes ein Asylgesuch übergeben. Dies sei jedoch ohne jede rechtliche Wirkung. Ein Asylantrag setze voraus, dass deutsches Hoheitsgebiet erreicht wurde. Dass sich die Flüchtlinge auf einem deutschen Schiff aufhielten, habe keine Bedeutung. "Ein deutsches Schiff ist kein deutsches Hoheitsgebiet", betonte der Sprecher von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD).

Zuvor hatte sich Grünen-Chefin Angelika Beer dafür ausgesprochen, dass Deutschland die Flüchtlinge aufnehmen solle. Humanität und das Recht zu überleben stünden an erster Stelle. Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Claudia Roth (Grüne), sprach von einem "zutiefst unmenschlichen Geschacher um die sudanesischen Flüchtlinge".

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