Interview mit Michael Grosse-Brömer "Das Betreuungsgeld ist eine kleine Aufmerksamkeit"

Der neue Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion, Michael Grosse-Brömer, über seine ersten großen Herausforderungen

Das Betreuungsgeld kommt jetzt in den Bundestag. Wird nachgebessert?

Grosse-Brömer Wir werden jetzt erst einmal in der Fraktion darüber reden. Der Entwurf ist gut durchdacht. Nicht alles, was ins Parlament kommt, muss verändert werden.

CSU-Vizechefin Barbara Stamm regt an, das Betreuungsgeld auch Hartz-IV-Beziehern zu geben.

Grosse-Brömer Ich meine das nicht. Alle Transferleistungen finden Anrechnung auf Hartz IV. Wir sollten mit Ausnahmen nicht anfangen, sonst gerät das gesamte System aus den Fugen. Hartz IV ist als Unterstützung für die Zeit gedacht, in der man eine neue Arbeit sucht. Es geht nicht darum, weitere Leistungen draufzupacken.

Seit 2009 schieben Sie das Vorhaben vor sich her, und nun peitschen Sie es schnell durch. Ist das vernünftig?

Grosse-Brömer Ich halte das für klug. Gerade weil wir schon so lange darüber diskutieren, sollten wir doch jetzt endlich mal entscheiden.

Ist das Betreuungsgeld moderne CDU-Familienpolitik?

Grosse-Brömer Es ist Teil unseres Vorhabens, die Gesellschaft kinderfreundlicher zu machen. Ich habe nie eingesehen, warum die Betreuung in Krippen die einzig wahre sein soll. Zur modernen Familienpolitik gehört die Wahlfreiheit. Deshalb gibt es sowohl die öffentlich finanzierte Kinderbetreuung und demnächst eine kleine Aufmerksamkeit auch für diejenigen, die sich entscheiden, ihre Kinder in den ersten drei Jahren zu Hause zu erziehen.

Sie haben sich mit der Opposition auf die Finanztransaktionssteuer verständigt — als Lippenbekenntnis? Oder wollen Sie die wirklich?

Grosse-Brömer Wir brauchen sie. Das sagen wir schon lange. Es lässt sich nicht erklären, dass jeder Handwerker für seine Leistung Umsatzsteuer zahlen muss und diese Hochgeschwindigkeitshändler auf den Finanzmärkten nicht. Wir müssen allerdings sehr genau hinsehen, denn Alleingänge können negative Folgen für Deutschland haben.

Wie wollen Sie die negativen Folgen verhindern?

Grosse-Brömer Wir haben uns immer für eine wirkungsvolle Besteuerung der Finanzmärkte eingesetzt — in der gesamten EU oder zumindest in der Euro-Zone. Die wichtigen europäischen Finanzplätze müssen einbezogen sein. Sonst entfaltet die Steuer keine Wirkung, sondern nur Nachteile für die beteiligten Staaten. Es kommt also darauf an, wer mitmacht. Mit der Opposition ist jetzt eine Zahl von mindestens neun Staaten im Gespräch. Dabei werden wir uns als Union wie bisher dafür einsetzen, möglichst viele Staaten für eine spürbare Finanzmarktbesteuerung zu gewinnen.

Sie sind Niedersachse — aber in Oberhausen geboren. Wie viel Ruhrpott steckt noch in Ihnen?

Grosse-Brömer Ich war neulich nach 30 Jahren mal wieder in Kirchhellen, wo ich aufgewachsen bin. Ältere Menschen haben mich auf meiner alten Straße direkt wiedererkannt. Da habe ich gemerkt: Wenn du im Ruhrpott geboren bist, vergessen dich die Leute nicht — das ist ein gutes Gefühl.

Wer aus dem Ruhrpott kommt, gilt als direkt, schroff, aber auch als herzlich...

Grosse-Brömer ... und hat damit die idealen Voraussetzungen, in Niedersachsen akzeptiert zu werden.

Michael Bröcker und Gregor Mayntz führten das Gespräch.

(RP/jh-)
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