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Massenproteste gegen die Regierung China verliert die Geduld mit Hongkong

Peking · Die Massenproteste gefährden die Selbstdarstellung der Volksrepublik als aufstrebende Weltmacht. Die kommunistische Führung erhöht nun den Druck auf die Regionalregierung, für Ordnung zu sorgen.

 Demonstranten in Hongkong am Sonntag.

Demonstranten in Hongkong am Sonntag.

Foto: AP/Lo Kwanho

Bei der chinesischen Führung liegen die Nerven blank. Grund sind die Ausschreitungen in Hongkong gegen die Ständige Vertretung der Volksrepublik. Die Mittagsnachrichten des Staatsfernsehens schossen am Montag eine propagandistische Breitseite gegen die Demonstranten. Tenor: Die „verbrecherische Aktion radikaler Elemente“ sei eine „offene Herausforderung der Autorität der Zentralregierung“.

Am Sonntag waren die erneuten Massenproteste für mehr politische Freiheiten zuerst friedlich verlaufen. Dann aber zog ein Teil der Marschierenden weiter zu Chinas Verbindungsbüro. Es ist die offizielle Vertretung der Pekinger Zentralregierung in dem seit 1997 zur Volksrepublik gehörenden Hongkong, das sich nach dem Prinzip „Ein Land, zwei Systeme“ für 50 Jahre selbstständig regieren darf. Die Menge umzingelte das Amtsgebäude, bewarf es mit Eiern, besprühte Überwachungskameras und Mauern mit Graffiti und das Staatswappen der Volksrepublik mit schwarzer Farbe.

Nun verliert Peking die Geduld. Die Lesart der Führung: Das war kein Happening mehr, sondern eine ungeheuerliche antichinesische Straftat. Man vermied es am Montag allerdings, direkte Eingriffe anzudrohen. Noch soll das die Regionalregierung besorgen. Das Parteiorgan „Volkszeitung“ forderte die örtliche Verwaltung auf, schnellstens für Ordnung zu sorgen „und die kriminellen Elemente zu bestrafen“.

Zugleich warnte Peking Hongkongs Regierung unter Verwaltungschefin Carrie Lam, sie müsse endlich durchgreifen: „Wir glauben fest daran, dass Hongkongs Regierung mit der Unterstützung der Zentralregierung und der breiten Masse der Hongkonger Bürger die normale soziale Ordnung wiederherstellen kann.“ Chinas patriotische Parteiblätter wie die „Global Times“ setzen auf Hongkongs patriotische Bürger als angebliche schweigende Mehrheit. Sie stünden aufseiten der Volksrepublik.

Zu den seit sechs Wochen anhaltenden, zumeist friedlich verlaufenden Protesten, an denen bei zwei Anlässen jeweils mehr als eine Million Menschen teilnahmen, hatten Chinas Behörden bisher geschwiegen. Die Bevölkerung erfuhr in den ersten Wochen nichts darüber. Peking verhängte strikte Nachrichtensperren, blendete Fernsehsendungen von BBC oder CNN aus, sobald nur das Wort Hongkong fiel.

Mit der Belagerung des Verbindungsbüros fühlt sich die kommunistische Führung nun offen und direkt herausgefordert. Die Proteste zuvor hatten sich nicht gegen Peking, sondern gegen Hongkongs Regierung gerichtet, die ihre noch weitgehend unabhängige Justiz zwingen wollte, von Peking gesuchte Kriminelle nach China zu überstellen. Aufgrund des Drucks der Straße musste Verwaltungschefin Lam ihre Gesetzinitiative suspendieren. Dennoch gingen die Proteste weiter. Sie richteten sich immer mehr gegen die zunehmende Demontage der Freiheiten Hongkongs.

Für Chinas Führung sind die Dauerdemonstrationen in Hongkong, die sie nicht in den Griff bekommt, ein weiteres Problem, von dem sie überrascht worden ist. Sie steht wegen ihrer repressiven Minderheitenpolitik mit Umerziehungslagern für Hunderttausende Muslime in der nordwestlichen Provinz Xinjiang ohnehin weltweit in der Kritik. Zudem führt sie einen sich hinziehenden, immer schmerzhafteren Handelskrieg mit den USA. Das alles spielt sich vor dem Hintergrund geplanter gigantischer Feiern zum 70. Jahrestag der Gründung der Volksrepublik am 1. Oktober ab. China wollte sich als wirtschaftliche und politische Weltmacht präsentieren. Nun droht ihm Hongkong einen Strich durch die Rechnung zu machen.

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