Parlamentswahl in der Ukraine Selenskyjs Partei kann mit absoluter Mehrheit regieren

Kiew · Wahlsensation in der Ukraine: Die proeuropäische Partei von Präsident Selenskyj erringt die absolute Mehrheit im Parlament. Mit ihrer starken Mehrheit will Selenskyi nun wichtige Reformen angehen und den Krieg in der Ostukraine beenden.

 Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, zeigt im Hauptquartier seiner Partei das Siegeszeichen.

Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, zeigt im Hauptquartier seiner Partei das Siegeszeichen.

Foto: dpa/Evgeniy Maloletka

Nun soll es ein Guru richten. So zumindest lautet die Stellenbeschreibung für das Amt des ukrainischen Regierungschefs, die Präsident Wolodymyr Selenskyj nach der Parlamentswahl am Sonntag ausgab: „Das Amt muss ein Meister auf dem Gebiet der Ökonomie ausfüllen – ein Guru.“ Der junge Präsident möchte die Ukraine erneuern und sie aus ihrer Dauerkrise führen.

In der Wahlnacht klang das bei Selenskyj so: „Wir wollen den Krieg im Donbass beenden und die Korruption besiegen.“ Doch das ist schneller gesagt als getan. Der Präsident will deshalb so bald wie nur möglich eine schlagkräftige Regierung formen. Dass er dazu überhaupt in der Lage ist, hat er einem enormen Vertrauensvorschuss seiner Landsleute zu verdanken. Die Ukrainer wählten mit überwältigender Mehrheit die Präsidentenpartei „Diener des Volkes“, eine bunte Gruppe aus meist jungen und politisch unerfahrenen Seiteneinsteigern. Die Mannschaft passt zu ihrem Kapitän, denn auch der ehemalige TV-Komiker Selenskyj ist nach zwei Monaten im Amt noch immer ein Politneuling. Dennoch gelang es ihm im Parlamentswahlkampf, die Ukrainer vom Sinn eines kompletten Neustarts zu überzeugen. Nach Auszählung in gut zwei Dritteln der Wahlbezirke erreichten Selenskyjs „Volksdiener“ 42,6 Prozent der Listenstimmen, mit weitem Abstand gefolgt von der prorussischen Oppositionsplattform „Für das Leben“ mit 13 Prozent.

Auf den Plätzen landeten drei prowestliche Parteien. Die „Europäische Solidarität“ von Ex-Präsident Petro Poroschenko erreichte 8,4 Prozent, die Vaterlandspartei der einstigen Revolutionsikone Julia Timoschenko 8,1 und die Bewegung „Golos“ (Stimme) des Rocksängers Swjatoslaw Wakartschuk 6,2 Prozent. Da knapp die Hälfte der Sitze an Direktkandidaten vergeben wird, kann Selenskyjs Partei sogar allein regieren. Unter dem noch inoffiziellen Strich standen am Montag 250 von 424 Mandaten für die „Diener des Volkes“.

„Das ist eine große Verantwortung“, erklärte Selenskyj, nachdem er noch gescherzt hatte: „73 Prozent wären besser gewesen.“ Mit diesem Ergebnis war er im April zum Präsidenten gewählt worden. Auch die absolute Mehrheit für seine Partei ist ein historischer Triumph. Noch nie in der Geschichte der postsowjetischen Ukraine verfügte eine Fraktion über mehr als die Hälfte der Sitze in der Rada.

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