UN-Einschätzung MH17-Abschuss könnte sich als Kriegsverbrechen erweisen
Genf · Folter, Mord, Terror: UN-Experten erheben massive Vorwürfe gegen prorussische Separatisten in der Ostukraine - auch, dass diese Flug MH17 abgeschossen haben. Beweise zu finden, bleibt aber gefährlich.
Der mutmaßliche Abschuss der malaysischen Passagiermaschine über der Ostukraine mit fast 300 Menschen an Bord könnte sich nach UN-Einschätzung als Kriegsverbrechen erweisen. "Es muss deshalb unbedingt eine rasche, gründliche und unabhängige Untersuchung dazu geben", forderte die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, am Montag in Genf. Sie stellte einen neuen UN-Bericht zur Lage in der Ostukraine vor.
Der Bericht kommt unter anderem zu dem Schluss, dass die Separatisten auch von zahlreichen Russen befehligt werden. Von Mitte April bis Mitte Juli seien in dem Konflikt mehr als 1100 Menschen getötet und mehr als 3400 verletzt worden.
Erkenntnisse zum Absturz von Flug MH17 am 17. Juli konnte es in dem kurz vor der Katastrophe fertiggestellten Bericht nicht geben. Kämpfe in der Region lassen derzeit eine unabhängige internationale Untersuchung nicht zu.
Die Separatisten hätten in der Ostukraine weite Teile der dortigen Bevölkerung einer "Schreckensherrschaft" unterworfen, heißt es weiter. Um ihre Macht zu festigen, würden die bewaffneten Gruppen Menschen entführen, einsperren, foltern und exekutieren.
Zur Führung der straff organisierten und militärisch gut ausgerüsteten Rebellen gehörten "viele Staatsangehörige der Russischen Föderation". Diese seien "trainiert und gehärtet durch Erfahrungen in Konflikten wie jenem in Tschetschenien und Transnistrien (Republik Moldau)". Die Rebellen hätten schwere Kriegswaffen wie Flugabwehr-Geschütze.
Die UN-Experten werfen den Separatisten gezielte Angriffe auf öffentliche Einrichtungen wie Wasser- und Energieversorgung vor. "Banken wurden ausgeraubt, Kohlebergbau-Betriebe attackiert", heißt es weiter. "Eisenbahnlinien wurden in die Luft gejagt. Krankenhäuser wurden zwangsweise geschlossen und grundlegende medizinische sowie notärztliche Hilfeleistungen wurden dadurch knapper oder stehen gar nicht mehr zur Verfügung."
Bis Mitte Juli seien fast 87 000 Menschen innerhalb der Ostukraine durch "die Verbreitung von Angst, Einschüchterungen, Drangsalierungen und Kämpfe" in die Flucht getrieben worden. Auf die Herausforderung durch die Separatisten habe die Regierung in Kiew mit verstärkten Angriffen der Armee reagiert. Bei Kämpfen in besiedelten Gegenden seien zahlreiche Zivilisten zum Opfer gefallen.
"Beide Seiten müssen verhindern, dass noch mehr Zivilisten getötet werden", forderte Pillay. Das Vorgehen sowohl der Separatisten, als auch der Armee müsse unter Umständen als Verletzung des Völkerrechts eingestuft und verfolgt werden. Bei Kämpfen in Donezk und Lugansk hätten beide Seiten schwere Waffen in bewohnten Gegenden eingesetzt, darunter Artillerie, Panzer und Raketen.