G-7-Finanzminister-Treffen in Marseille Der Kampf um die Finanzmarkt-Regulierung beginnt

Paris (RPO). Die Finanzminister und Notenbankchefs der sieben größten Industrieländer (G-7) treffen sich am Freitag und Samstag in der südfranzösischen Stadt Marseille. Es ist das erste Treffen der Ressortchefs seit den Turbulenzen an den Finanzmärkten im August.

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Foto: AFP

Der Sommerurlaub dürfte für die Finanzminister der größten Industriestaaten dieses Jahr weitgehend aus Arbeit bestanden haben. Denn ausgerechnet Anfang August ging es Schlag auf Schlag: Die Risikoabschläge für Staatsanleihen aus Spanien und Italien erreichten Rekordwerte, die Kreditwürdigkeit der USA wurde erstmals herabgestuft und die Börsenkurse schwankten extrem. Der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi kündigte bereits ein Sondertreffen der G-7-Finanzminister an, das dann doch nicht stattfand. Die Ressortchefs berieten statt dessen am Telefon über die Schuldenkrise und die Kursschwankungen an den Börsen.

Am Freitag und Samstag treffen sich die Minister nun erstmals nach den Turbulenzen im südfranzösischen Marseille. Eine "Botschaft des Vertrauens" solle das Treffen aussenden, kündigte der französische Finanzminister François Baroin an, dessen Land derzeit den G-7-Vorsitz hat.

Das Treffen beginnt mit einer Debatte über die Regulierung der Finanzmärkte, die der künftige Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, einleitet. In Europa wollen Deutschland und Frankreich eine Finanztransaktionssteuer vorantreiben, Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Baroin sollen dazu bis Ende des Monats Vorschläge vorlegen. Die Abgabe, die Großbritannien aus Sorge um seinen Bankenplatz London ablehnt, würde auf alle Finanzgeschäfte erhoben. Sie soll rein spekulative und kurzfristige An- und Verkäufe verteuern und damit möglicherweise eindämmen.

An dem Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs nimmt auch die Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, teil. Sie dürfte ihren Appell wiederholen, die Banken besser mit Kapital auszustatten. Vor allem Bankaktien wie die der französischen Société Générale hatten zu den Kursschwankungen an den Börsen geführt. Die europäischen Finanzminister und Notenbankchefs weisen den Vorwurf aber zurück, die Banken hätten nicht genug Kapital. Unterstützung bekam Lagarde dagegen am Donnerstag von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die ebenfalls eine schnelle Rekapitalisierung der Banken anmahnt.

Mit der Prognose eines stark abgeschwächten Wachstums im zweiten Halbjahr zeigte die OECD den G-7-Finanzministern auch die Handlungslinien auf. "Die Wiederherstellung des Vertrauens ist das politische Gebot", forderte der OECD-Chefökonom Pier Carlo Padoan bei der Vorstellung des Interims-Wirtschaftsausblicks. Die OECD rät zu niedrigen Zinsen und zu "wachstumsfreundlichen" Strukturreformen. Einen Impuls erhoffen sich die G-7 auch von der Job-Initiative, die US-Präsident Barack Obama am Donnerstag vorstellen wollte.

Japan, das die OECD wegen des Erdbebens im Frühjahr aus seinem Ausblick herausgenommen hatte, will bei dem Treffen in Marseille auch Währungsfragen ansprechen. Er wolle seinen Kollegen erklären, dass ein starker Yen schlecht für die Wirtschaft seines Landes sei, kündigte Finanzminister Jun Azumi an. Die Schweiz hatte angesichts des anhaltenden Höhenflugs des Franken bereits am Dienstag die Notbremse gezogen und einen Mindestwechselkurs von 1,20 Franken für einen Euro festgelegt. Angesichts der Krise in den Euro-Ländern hatten sich Anleger in die "sicheren" Währungen Yen und Franken geflüchtet. Doch die starke Landeswährung wirkt sich schlecht auf den Export aus. Experten hatten nach der Schweizer Entscheidung bereits vor einem "Währungskrieg" gewarnt.

(AFP/felt)
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