Territorialstreit mit Japan 1000 chinesische Boote fahren nach Senkaku

Peking · Eine Flotte chinesischer Fischerboote ist auf dem Weg zu der mit Japan umstrittenen Insel-Gruppe im Ostchinesischen Meer. Mit dem Beginn der Fangsaison sei eine große Anzahl Boote ausgelaufen, bestätigte ein Sprecher des Landwirtschaftsministeriums am Montag der Deutschen Presse-Agentur dpa in Peking. Auch in anderen wirtschaftlichen Bereichen droht China Japan.

 Fast 1000 chinesische Fischerboote haben sich auf den Weg zu der umstrittenen Inselgruppe Senkaku gemacht.

Fast 1000 chinesische Fischerboote haben sich auf den Weg zu der umstrittenen Inselgruppe Senkaku gemacht.

Foto: afp, STR

Wie viele Boote das zwischen Japan und China umstrittene Meeresgebiet anlaufen wollen, blieb aber unklar. Der Territorialstreit um die chinesisch Diaoyu und japanisch Senkaku genannten Inseln ist seit vergangener Woche wieder aufgeflammt. "Nicht jedes Fischerboot wird dorthin fahren", sagte der Sprecher. "Die Fischer wählen ihre Fanggebiete selbst."

Chinas Staatsradio hatte zuvor berichtet, dass mit dem Ende des saisonalen Fangverbots zur Erholung der Fischbestände rund 10.000 Boote von der Küste der Provinzen Zhejiang und Fujian ausgelaufen seien. Rund 1000 würden an den Inseln erwartet.

Das Landwirtschaftsministerium versicherte, die Fischer beschützen zu wollen. China verwalte den Fischfang in dem Seegebiet und werde sich an die Gesetze halten. Auf die Frage, ob die Fischer angesichts der Spannungen mit Japan aufgefordert worden seien, die umstrittenen Fanggründe zu meiden, um Zwischenfälle zu vermeiden, sagte der Sprecher: "Wir haben keine besondere Notiz herausgegeben."

Die Fangsaison habe am Montag wieder begonnen, bestätigte auch ein Sprecher der chinesischen Küstenwacht in der Hafenstadt Ningbo in Zhejiang der dpa. "Der Start ist jedes Jahr zu einem anderen Termin."

Handelskrieg im Fernen Osten

In dem Streit mit Japan um die unbewohnten Inseln im Ostchinesischen Meer droht China seinem Handelspartner Japan nun auch offen mit einem Wirtschaftskrieg. China gibt sich siegesgewiss: Als zweitgrößte Wirtschaftsmacht habe China die Entschlossenheit und auch die Ausdauer, "1000 Feinde zu töten, während 800 von uns fallen" (shadi yiqian, zisun babai), bemüht das Parteiorgan "Volkszeitung" ein altes chinesisches Sprichwort. Zwar hätte auch China unter einem Handelskrieg zu leiden, aber am Ende würde das durch Finanzkrise, Atomkatastrophe und Erdbeben ohnehin geschwächte Japan viel katastrophalere Folgen erleiden.

Der martialische Kommentar beschreibt die neu gewonnene Wirtschaftskraft der aufsteigenden Großmacht China als "Waffe": "Sobald China gezwungen ist, den Hahn am Abzug zu betätigen, werden wir nicht blind herumballern, sondern unsere Ziele sorgfältig aussuchen", schreibt das Blatt. "Wir werden die Ziele wählen, die verlustreicher für Japan sind und weniger für uns." Zwar sei die Waffe in Chinas Händen, aber wann der Abzug betätigt werde, hänge auch von Japan ab.

In anderen Krisen in der Welt sei China zwar immer gegen Sanktionen, räumt der Kommentator ein. Aber wenn es um seine territoriale Souveränität gehe, werde China auf Konfrontationskurs gehen. Derweil stellt die Volksbefreiungsarmee mit großangelegten Manövern ihre Schlagkraft unter Beweis. Seit vergangener Woche proben vier der sieben chinesischen Militärregionen mit Kampffliegern, Kriegsschiffen, Panzern und Schießübungen den Ernstfall.

Hitzige Debatte

Kein Wunder, dass die Stimmung im Volk kriegerische Untertöne bekommt. Überall wird erhitzt über die chinesisch Diaoyu und japanisch Senkaku genannten Inseln debattiert, die außer Felsen noch reiche Öl- und Gasvorkommen sowie große Fischgründe zu bieten haben. Der Nationalismus entfaltete sich am Wochenende in massiven Protesten und Ausschreitungen. Es waren die größten antijapanischen Demonstrationen seit 2005. Damals hatte Japans Ministerpräsident Junichiro Koizumi mit seinen Besuchen im Yasukuni-Schrein, wo auch Kriegsverbrecher geehrt werden, das Milliardenvolk erzürnt.

Demonstrationen sind zwar sonst in China nicht erlaubt, aber wenn es gegen Japan geht, ist alles wohl organisiert. Das grüne Licht zum Protest galt so manchem auch als Erlaubnis zum Plündern. So haben die in China lebenden Japaner Angst. Japanische Studenten trauen sich nicht mehr in ihre Universitäten. Vorsichtshalber schmücken japanische Restaurants oder Modeketten ihre Läden mit chinesischen Nationalflaggen, hängen Spruchbänder auf: "Die Diaoyu-Inseln gehören zu China." Der Inhaber eines japanischen Supermarktes sagte laut Medienberichten in Japan über die Demonstranten: "Sie schrien, sie würden japanische Produkte boykottieren, und dabei haben sie unsere japanischen Produkte geplündert. Sie sind doch einfach nur ein Mob."

Der Geschäftsführer der japanischen Aeon-Einzelhandelskette in der Hafenstadt Qingdao sagte: "Wir haben uns ganz unauffällig und fleißig Mühe gegeben - nicht für die chinesische Kommunistische Partei und auch nicht für die japanische Regierung." Die Kette wollten nur ein Unternehmen sein, das den Menschen vor Ort Gutes bringe. "Das soll Patriotismus sein - einfach nur gegen Japan zu schreien und alles kaputt zu schlagen? Das ist falsch."

Der Konzern Kubota untersagte Geschäftsreisen nach China und forderte seine Mitarbeiter vor Ort auf, nicht vor die Tür zu gehen.
Japanische Beschäftigte des Elektronikriesen Hitachi in China wurden laut Wirtschaftszeitung "Nikkei" aufgefordert, nicht alleine auf die Straße zu gehen und dort nicht laut Japanisch zu sprechen.

Japanische Fabriken schließen

Die japanischen Konzerne Honda, Canon und Panasonic und Mitsumi Electric schlossen für zunächst zwei Tage ihre Werke in China. Es gibt vereinzelt Berichte von Streiks und Unmut in der chinesischen Belegschaft. Bei Mitsumi Electric soll es einen Brandanschlag gegeben haben. Chinas Staatsagentur Xinhua spricht von "Kollateralschäden", für die die japanische Regierung allein verantwortlich sei.

Der Nationalismus geht einfach zu weit: "Selbst wenn China zu einem Friedhof wird, wollen wir weiter alle Japaner töten", stand auf einem roten Spruchband, das Mitarbeiter eines Audi-Händlers in Jiamusi in Nordostchina stolz hochhielten, wie Bilder im Internet zeigen. Ein Skoda-Händler bietet Kunden einen Rabatt von 500 Yuan (65 Euro), wenn sie riefen, dass die Inseln zu China gehörten - und noch mal 500 Yuan, wenn sie riefen, dass auch Japan zu China gehöre.

Sprecher von Audi und Skoda in Peking nahmen Abstand von den Aktionen bei chinesischen Händlern. Zur Politik wollten sie sich als Wirtschaftsunternehmen nicht äußern. "Wir distanzieren uns jedoch von jeder Anwendung von Gewalt und plädieren für Dialog und Diplomatie."

(dpa)
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