Wie wird der Corona-Herbst? Haben wir Corona überstanden?

Audio | Düsseldorf · Die Corona-Zahlen steigen, doch die Situation in den Krankenhäusern bleibt entspannt. Epidemiologie-Professor Hajo Zeeb erklärt, welche Situation wir im Herbst erwarten können und wie sich unser Umgang mit dem Virus verändert.

Die Corona-Winterwelle nimmt gerade mächtig Anlauf. Viele fragen sich dennoch, ob und wie sehr sie eigentlich noch aufpassen müssen. Täuscht der Eindruck, dass das Virus immer harmloser wird? Schützen die neuen Impfstoffe besser? Was haben wir eigentlich aus den vergangenen beiden Jahren gelernt? Darüber spricht in der aktuellen Episode des RP-Podcasts „Tonspur Wissen" Professor Hajo Zeeb, Leiter der Abteilung Prävention und Evaluation beim Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie.

Herr Zeeb, die Corona-Zahlen steigen wieder und in München rollt die Oktoberfest-Welle. Trotzdem machen wir uns keine Sorgen. Ist diese Haltung richtig?

Prof. Hajo Zeeb: Diese Beobachtung zumindest ist richtig. Ob es allerdings richtig ist, jetzt überhaupt keine Besorgnis mehr an den Tag zu legen, da bin ich skeptisch. Die steigenden Zahlen sind ja Anzeichen, dass Corona weiter da ist. Ich glaube, ein bisschen Sorge muss bleiben und dass wir weiter aufpassen müssen, damit uns das nicht noch einmal über den Kopf wächst.

Sind wir angesichts der steigenden Zahlen für Anfang Oktober also jetzt schon ziemlich hoch in der Kurve, wenn wir eigentlich eine Winterwelle erwarten?

Zeeb: In der Tat. Wir sind jetzt schon auf dem Weg nach oben. Auch wenn man die hohen Inzidenzahlen immer gemäß den Umständen einordnen muss. Es ist aber noch deutlich mehr zu erwarten. Zum Glück bleibt es dabei, dass die Erkrankungen bisher weitgehend mild sind und wir keine dramatischen Zustände in den Krankenhäusern oder bei der Sterblichkeitsrate haben.

Corona ist zwar noch da, hat aber nach der Meinung vieler seinen Schrecken verloren. Das hängt ja auch mit den im Moment kursierenden Varianten zusammen, die zwar ansteckend sind, aber keine schlimmen Verläufe auslösen.

Zeeb: Das ist ja eigentlich ganz gut, dass wir den großen Schrecken – den wir auch zu Recht hatten – jetzt nicht mehr haben müssen. Wir haben ja auch viele Sachen richtig gemacht. Aber jetzt geht es darum, dass wir ein vernünftiges Umgehen mit der Endemie bzw. dem endemischen Zustand hinbekommen. Da kann man nicht einfach sagen, Corona ist nicht mehr da. Jetzt müssen wir einen vernünftigen Umgang finden, mit vernünftigen Schutzmaßnahmen. Wahrscheinlich müssen wir lernen, mit Corona noch eine Weile leben zu müssen.

Was sind denn ihrer Meinung nach vernünftige Schutzmaßnahmen? Maske ja oder nein?

Zeeb: Das kann man so allgemein nicht beantworten. Masken bleiben weiterhin ein entscheidendes Instrument im Repertoire. Besonders in den Situationen, wo viele Menschen aufeinandertreffen, ist eine Maske weiter empfehlenswert. Wir haben zwar jetzt nicht mehr so strikte Regeln, wie es eine Zeitlang war. Aber selbst vom Oktoberfest hört man von einigen Stimmen, dass ein deutlicheres Hinweisen auf das Maskentragen vielleicht sinnvoller gewesen wäre. Für die Zukunft bleibt es also dabei, dass wir gerade in gut besuchten Innenräumen weiterhin eine Maske auch zum Selbstschutz tragen werden.

Es gab ja die Debatte, bei Großveranstaltungen vorher verpflichtende Schnelltests anzuordnen. Halten Sie das für sinnvoll?

Zeeb: Schnelltests gehören auch ganz klar zu diesem Instrumentarium. Es hilft schon, wenn man vorab einen Test machen lässt. Wir wissen, dass es auch jetzt noch eine ganze Menge asymptomatische Verläufe gibt. Vor einem Fest kann man damit sicherlich noch einige Menschen „herausfischen“, die positiv sind. Das kann gut funktionieren und ist bei größeren Meetings ein wichtiger Ansatz, bietet aber keine endgültige Sicherheit.

Asymptomatische Verläufe heißt, es sind Leute infiziert, die aber gar nicht krank sind oder sich so fühlen. Trotzdem sind sie ansteckend. Was bedeutet das für unser Wissen über die Winterwelle? Müssen wir also von einer großen Dunkelziffer ausgehen?

Zeeb: Ja, das ist wahrscheinlich richtig. Wir werden einige Menschen haben, die tatsächlich das Virus weitergeben, obwohl sie vielleicht nur ganz milde Symptome haben oder diese gar nicht Corona zuordnen. Es gibt auch weiterhin die ganz normale Erkältung und den ganz normalen Schnupfen. Sogar derzeit wieder ein wenig häufiger, weil wir durch den großen Infektionsschutz damit zuletzt weniger konfrontiert waren. Insofern werden wir beides haben. Viele Betriebe und Einrichtungen haben das dauerhafte Testen eingestellt. Trotzdem braucht es weiter eine gewisse Vorsicht, daran zu denken, dass die Symptome auch Corona bedeuten können.

Wie schlimm ist es für Epidemiologen, wenn sie gar nicht wissen, wie viele genau infiziert sind?

Zeeb: Epidemiologen finden das insofern schlimm, weil sie ja vernünftige, evidenzbasierte Zahlen liefern möchten, um den Status von Corona bestimmen zu können. Aber aus den vorhandenen Informationen kann man schon Schlüsse ziehen, auch wenn wir nur die Spitze des Eisbergs sehen. Natürlich wäre es aber besser, wenn wir genau wissen würden, wie die Dynamik verläuft und wie die echte Zahl der Infektionen hochgerechnet an der Bevölkerung ist.

Sind wir also im Moment in einer Art Blindflug unterwegs?

Zeeb: Gewissermaßen schon. Durch die PCR-Tests haben wir einen Teil der Infektionen im Blick. Aber die Infektionszahlen derjenigen, die sich zuhause oder gar nicht testen, kennen wir natürlich gar nicht. Wir haben auch keine laufenden Informationen aus beispielsweise Studien, die genau auf die Erfassung unbekannter Infektionen abzielen. Natürlich gibt es noch die harten Zahlen aus den Krankenhäusern der die Sterbedaten. Zumindest da sieht es im Moment aber so aus, dass wir nicht überlaufen werden.

Wenn ich aber beispielsweise im Zug sitze, sollte ich mir auch bewusst sein, dass dort vorher ein Infizierter im Waggon gesessen haben könnte?

Zeeb: Genau. Der Bahnhof oder auch ein größerer Supermarkt sind Begegnungsorte. Da wo viele Menschen aus verschiedenen Ecken zusammenkommen, kann natürlich auch Corona mit dabei sein.

Also niemand darf sich gänzlich sicher fühlen. Inzwischen gibt es aber angepasste Impfstoffe. Bedeutet eine dritte oder vierte Impfung damit nun, dass wir uns nicht mehr anstecken?

Zeeb: Die Ansteckungsmöglichkeit bleibt durchaus weiter erhalten, auch bei den neuen Impfstoffen. Die wurden darauf auch gar nicht genau getestet. Die aktuelle Studienlage baut sehr viel auf Analogien zu den vorhandenen Impfstoffen und relativ kleinen Versuchsreihen auf, die zum Teil nur aus Tierversuchsreihen oder Zellkulturreihen bestanden. Also nicht ganz so substantiell, wie es noch in der ersten Phase war.

Das klingt ein bisschen bedenklich. Ist es nicht mehr so wichtig, dass die neuen, angepassten Impfstoffe auch sorgfältig getestet sind?

Zeeb: Man kann sagen, dass ein ganz großer Anteil der Impfstoffe bereits sorgfältig getestet worden ist. Jetzt ist vor allem auf die Veränderungen geschaut worden. Also ob die so ähnlich wirken, wie die bisherigen Impfstoffe. Das ist definitiv der Fall. Deswegen sind auch die Zulassungsbehörden darauf eingegangen und haben sie als Fortsetzung der bekannten Impfstoffe erlaubt. Aber konkret in Bezug auf Ansteckung wissen wir nicht, ob sie stärker wirken oder sicherer schützen. Dafür sind sie viel genauer auf die jetzt zirkulierenden Virusvarianten zugeschnitten und das lässt schon Rückschlüsse daraus schließen, dass sie auch beim Ansteckungsschutz ein bisschen genauer arbeiten.

Inzwischen hat man also die Wahl zwischen verschiedenen Impfstoffen für verschiedene Varianten. Aber was wähle ich denn nun?

Zeeb: Die Wahl ist nicht so ganz leicht, weil die Unterschiede tatsächlich sehr gering sind. BA.5 ist die dominierende Variante, die wir aktuell hauptsächlich haben. Davon sind aber schon einige Untervarianten unterwegs. Der Impfstoff dazu ist zumindest der am Weitesten angepasste. Aber die Unterschiede zwischen den Impfstoffen bleiben marginal. Auch die anderen Impfstoffe schützen weiterhin sehr gut vor den schweren Verläufen.

Also wenn man sich impfen lassen will, ist es eigentlich nicht so wichtig, gegen welche Variante man geimpft wird?

Zeeb: Das würde ich so sehen.

Was ist mit neuen Varianten? Gesundheitsminister Lauterbach warnt ja davor, dass sich möglicherweise in diesem Winter noch etwas ganz Gefährliches entwickelt. Muss man das sehr ernst nehmen?

Zeeb: Ich würde sagen, das sollte nicht zu übertriebenem Schrecken oder Angst führen. Es ist ein Fakt, dass das Virus sich weiter verändert. Man muss darauf gefasst sein, dass weitere Variationen auftreten werden und dabei auch etwas Schlechteres rauskommen kann. Das halte ich für angemessen. Aber bisher bin ich positiv überrascht, wie stabil sich die BA.5-Variante derzeit hält und wie wir damit zurechtkommen. Das heißt aber nicht, dass es immer so bleibt.

Die Wahrscheinlichkeit, dass Corona harmloser wird, ist also ebenfalls vergleichsweise hoch?

Zeeb: Wenn man von heute auf morgen schließt, dann ja. Aber da muss man realistisch bleiben. Es können auch weiterhin neue Varianten entstehen, bei denen es mit der Harmlosigkeit wieder anders aussieht. Aber im Moment ist die Aussicht relativ gut.

Sie haben eben gesagt, dass man sich andere Viruserkrankungen in den letzten beiden Jahren „erspart“ hat, weil man weniger rausgegangen ist und dabei immer die Maske aufhatte. Was heißt das bezüglich einer Grippewelle?

Zeeb: Die Grippewelle ist deswegen wieder ein größeres Thema. Schutzmechanismen wie das Tragen der Maske oder Abstand waren schließlich auch sehr wirksam gegen schon vorhandene Viruserkrankungen, wie eben gegen die Grippe. Da kommt es jetzt darauf an, dass man bei Älteren oder Menschen, die im Gesundheitswesen arbeiten, auch auf die Grippeschutzimpfung achtet.

Würden sie sagen, dass Grippe jetzt wichtiger ist? Also lieber eine Grippeschutzimpfung als die vierte Corona-Impfung?

Zeeb: Bei der Grippe kann man nie im Voraus absehen, wie viele Fälle es tatsächlich werden. Die Corona-Pandemie und die epidemischen Wellen haben natürlich deutlich mehr Menschen insgesamt erfasst in Deutschland. Man muss überlegen, wofür ist es wichtig? Wenn man an mögliche Ausfälle von Menschen denkt, die wegen Corona oder Grippe nicht arbeiten können, dann werden die meisten in diesem Winter wohl eher wegen Corona ausfallen. Grippe bleibt aber eine ernsthafte Erkrankung und ist auf jeden Fall auch für zukünftige, schwere Erkrankungen mitverantwortlich.

Kann man sich gleichzeitig gegen beides impfen lassen?

Zeeb: Das können die meisten Menschen machen. Grundsätzlich da, wo es wegen der Altersgrenze empfohlen wird, ist es eine gleichzeitige Impfung mit den aktuellen Grippe- und Coronaimpfstoffen eine gute Idee.

In der Europäischen Union und in Deutschland wird nun teilweise auf das Geld aus den Corona-Fonds zurückgegriffen, um die aktuelle Energie-Krise zu bekämpfen. Halten sie das für voreilig? Also dass man die Corona-Pandemie mit den potenziellen Belastungen für Wirtschaft und Gesundheitswesen damit quasi schon für beendet erklärt hat?

Zeeb: Also die Portemonnaies komplett leer machen und zu sagen, wir haben das Problem nicht mehr, ist falsch. Es ist aber andererseits völlig verständlich, dass man jetzt auch nicht wahnsinnig viel Geld parken kann, wenn derzeit ganz andere Probleme auf uns zukommen. Die Umstände sind ähnlich und vergleichbar, was allerdings absurd klingen mag. Wir werden sehen, wie wir mit den Finanzmitteln da klarkommen.

Aktuell reden wir wieder über Homeoffice, geschlossene Universitäten, Schulen oder Kindergärten. Nun aber um Heizkosten zu sparen. Sollten wir aus den letzten beiden Jahren nicht gelernt haben, dass man gerade solche Maßnahmen nicht mehr macht?

Zeeb: Da bin ich auch skeptisch und verwundert über die Diskussion. Natürlich sollten wir gelernt haben, dass wir Schulen und Bildungseinrichtungen nicht mehr schließen sollten. Sondern dahingehend Ressourcen kanalisieren sollten, um gerade diese Institutionen aufrecht zu erhalten.

Die Isolation der vergangenen Jahre hat ja gerade bei einigen Kindern, Jugendlichen und Alleinstehenden Folgen hinterlassen und teils in der Psyche schwere Schäden entstehen lassen.

Zeeb: Ganz genau, das hat man gesehen. Deswegen sollte man davon lernen. Es kann wieder Umstände geben, wo es vielleicht nicht anders funktioniert. Aber da müssen wir gemeinschaftlich zu besseren Lösungen kommen, als die, die wir aktuell noch haben.

Was haben sie als Epidemiologe denn aus den vergangenen zwei Jahren in Sachen Seuchen und Pandemien gelernt?

Zeeb: Natürlich ganz viel. Zum Beispiel, dass wir vorher schon über Vorbereitungen auf solche Pandemien gesprochen haben und nun gesehen haben, dass die Pläne dazu in der Situation vielfach nicht zogen oder das richtige Problem angesprochen haben. Auch müssen wir aus epidemiologischer Sicht die Frage der verfügbaren Daten und die Schnelligkeit der Reaktionen kritischer einschätzen. Da waren wir in vielen Stellen nicht gut aufgestellt. Auch haben andere Länder schneller auf neue Erkenntnissen aus klinischen Studien zu Medikamenten oder Impfstoffen reagiert, als es bei uns der Fall war. Das sollte uns zu denken geben, wie man sich da gut für die Zukunft aufstellen kann, um schneller zu agieren.

Weil wir immer auf das Impfen geschaut haben und nicht auf das Behandeln?

Zeeb: Sicherlich waren wir beim Impfen vornweg in Deutschland. Das war eine gute Fügung. Aber die Medikamentenfrage ist tatsächlich woanders bearbeitet worden. Auch heute noch haben wir Schwierigkeiten, vorhandene und effektive Medikamente dort hinzubringen, wo sie gebraucht werden. Das läuft nicht barrierefrei, da haben wir noch Lernkurven zu durchlaufen.

Werden wir es denn beim nächsten Mal besser machen? Oder laufen wir wieder in dieselben Fallen?

Zeeb: Ganz ausschließen kann man das nicht. Ich würde aber nicht sagen, dass wir genau gleich blind durch die Gegend laufen. Wir haben schon eine Menge gelernt, dies auch zum Teil schmerzhaft lernen müssen. Vielleicht würden wir nicht gleichen, aber dafür andere Fehler machen. Es bleibt ein überraschendes Geschehen an vielen Stellen. Man kann sich zwar einigermaßen gut darauf vorbereiten. Manch andere Länder sind auch besser damit klargekommen. Aber es gibt weltweit kein Land, welches komplett ohne größere Blessuren durch die Pandemie gekommen ist. Obwohl es viele verschiedene Ansätze im Umgang dazu gab. Alle mussten irgendwie Federn lassen.

Welches Land ist denn am besten zurechtgekommen und wo lief es am Schlechtesten?

Zeeb: Das hängt davon ab, worauf man schaut. Länder wie Neuseeland hatten anfangs relativ wenige Infektionen gehabt, aber dafür auch massive Einschnitte bis hin zu kompletten Reiseverboten gehabt. Andere Länder haben es weniger gut hinbekommen. Überraschenderweise muss man da auch die USA nennen, die ja eine ähnlich gute, grundsätzliche Gesundheitsinfrastruktur haben. Die wurden eher mit dem Problem konfrontiert, dass der Zugang zu diesem Gesundheitssystem nach finanziellen Mitteln geregelt ist und somit nicht der breiten Masse in gleicher Qualität zur Verfügung stand.

Wir haben lange in voller Bewunderung nach China geschaut. Heißt das, dass autokratische Systeme besser mit Pandemien zurechtkommen, weil sie ohne Parlament oder Ministerpräsidenten einfach anordnen und verbieten können? Oder blickt man dorthin im Licht der letzten Monate auch wieder anders?

Zeeb: China hat wirklich sehr schnell und an vielen Schnellen bemerkenswert reagiert. Zum Beispiel, dass innerhalb kürzester Zeit eine großartige Infrastruktur mit Krankenhäusern und Isoliereinrichtungen aufgebaut werden konnte. Allerdings war damals auch schon klar, wie stark China die Bevölkerung mit wirklich restriktiven Mitteln drangsaliert. Deswegen ist China für mich ein Hinweis darauf, dass es gelingen kann, selbst so einen infektiösen Virus unter massiven Maßnahmen einzudämmen. Aber es ist noch ein ungeschriebenes Kapitel, welche sozialen und wirtschaftlichen Folgen in der Bevölkerung damit einhergingen. Die Einbußen sind sicherlich immens.

Was würde man denn als Lehre für die zentral- oder westeuropäischen Länder mitnehmen, die sich nicht so abschotten können wie Neuseeland oder so autokratisch regiert werden wie China?

Zeeb: Es gibt auch einige asiatische Länder, die nicht autokratisch geführt werden, aber trotzdem sehr schnell und gut reagiert haben und das schädigende Potenzial der Viren früh erkannt haben. Südkorea und Taiwan gehören dazu. Die waren aus der Vergangenheit aber auch besser vorbereitet, weil sie mit solchen Situationen schon einmal zu tun hatten. Natürlich geht es dort schon weiter in die Richtung von Einschränkung von Bürgerrechten, wie wir es vielleicht akzeptieren würden. Aber diese Diskussion müssen wir weiterführen. Die Ansätze zum digitalen Arbeiten und Nachverfolgen der Kontakte bei uns haben ja auch schon gut funktioniert. Es gibt auch Länder auf dem afrikanischen Kontinent, die gute Ansätze umgesetzt haben, um ihre Bevölkerung zu schützen. International kann man noch viel lernen.

Ist bei uns also der Datenschutz das Hindernis für Epidemiologen?

Zeeb: Grundsätzlich versuchen wir immer so zu arbeiten, dass wir die Richtlinien dazu einzuhalten. Das ist auch sehr wichtig für uns im Hinblick auf das Vertrauen der Bevölkerung, mit der wir arbeiten. Aber es ist tatsächlich so, dass Datenschutz an manchen Stellen im Sinne eines höheren Gutes manchmal zumindest zu Verzögerungen führt, die in so einer dynamischen und schnellen Situation auch als Hindernis empfunden werden. Andererseits können wir im Ausloten der Möglichkeiten, die uns der Datenschutz erlaubt, noch besser werden. Also auch unter den Rahmenbedingungen zu schauen, was alles erlaubt ist. Dafür brauchen wir noch einen besseren Dialog mit den Experten, um einen besseren Weg zu finden. Schnelligkeit ist in so einer Situation eine wichtige Sache.

Sind sie da zuversichtlich?

Zeeb: Begrenzt. Ich habe ja viel Forschungserfahrung. Wir arbeiten oft mit dem Datenschutz und müssen dabei immer viel anpassen und adjustieren, um auch das letzte Kleingeschriebene zu erfüllen. Die Zuversicht würde sich erhöhen, wenn ich da noch mehr Beweglichkeit bei den offiziellen Stellen sehen würde. Also zu sagen, hier müssen wir tatsächlich im gemeinsamen Interesse über die Grenzen und Barrieren genauer reden.

Protokolliert und für eine bessere Lesbarkeit leicht redigiert von Christopher Trinks.

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