Neuer Podcast „Tonspur Wissen“ Droht uns eine Corona-Sommerwelle?

Düsseldorf · Im Podcast „Tonspur Wissen“ fragt die Journalistin Ursula Weidenfeld Spitzenforscher nach den wichtigsten Themen unserer Zeit. Diese Woche wagt Epidemiologe Hajo Zeeb einen Blick in die Glaskugel: Wird die Pandemie bald zur Endemie?

Ursula Weidenfeld moderiert den Podcast „Tonspur Wissen“.

Ursula Weidenfeld moderiert den Podcast „Tonspur Wissen“.

Foto: RP/Marco Urban

Am Sonntag sollte er eigentlich stattfinden, der viel diskutierte „Freedom Day“. Doch angesichts der Rekord-Inzidenz und weiterhin hoher Corona-Todeszahlen fällt der Tag der Freiheit wohl aus. Der Frühling kommt, die Zahlen steigen – das verwirrt nicht nur die Politik. Was ist jetzt der richtige Kurs: lockern oder noch mal die Regeln verschärfen?

Hajo Zeeb kann nachvollziehen, dass manch einer da den Überblick verliert. Vor allem, weil die Situation sich ja ganz anders entwickelt hat als erwartet, erklärt der Bremer Professor für Epidemiologie in der aktuellen Folge des Podcasts „Tonspur Wissen“: „Wir hatten gehofft, dass die Zahlen deutlicher runtergehen, aber das sind sie nicht.“ Stattdessen habe man eine Situation wie zuvor schon in Dänemark, wo die Corona-Fallzahlen erst sanken, dann aber plötzlich wieder stark anstiegen.

Ob die Corona-Kurve wie in Dänemark wieder fällt, sei sehr unsicher, erklärt der Leiter der Abteilung Prävention und Evaluation am Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie. Natürlich bleibe die Hoffnung. Es könne jedoch genauso sein, dass eine Inzidenz zwischen 2000 und 3000 auf uns zukomme. „Eine Pandemie ist kompliziert“, resümiert Zeeb.

Die komplizierte Nachrichtenlage verständlich machen – das ist das Ziel von „Tonspur Wissen“. Moderatorin Ursula Weidenfeld spricht jede Woche mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus ganz Deutschland über ein Thema, das die Gesellschaft gerade bewegt. Das Ziel: Ordnung ins Informations­chaos bringen – mit wissenschaftlichen Fakten und fundierten Meinungen. „Wir haben es verdient, Wissenschaft gut erklärt zu bekommen“, sagt Ursula Weidenfeld. „Und die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verdienen es, dass wir uns für ihre Arbeit interessieren.“

Weidenfeld, selbst promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin, berichtet seit vielen Jahrzehnten über komplexe Zusammenhänge. Ihre Karriere begann Anfang der 90er-Jahre bei der Zeitschrift „Wirtschaftswoche“. Viele Jahre verantwortete sie die Wirtschaftsberichterstattung des Berliner „Tagesspiegel“, wo sie später auch stellvertretende Chefredakteurin wurde. Sie ist Moderatorin, Kolumnistin und Autorin mehrerer Bücher. Zuletzt erschien „Die Kanzlerin“ über Angela Merkel.

Drei Episoden von „Tonspur Wissen“, einer Kooperation zwischen Rheinischer Post und Leibniz-Gemeinschaft, sind bereits online abrufbar: Wie gefährlich Wladimir Putin ist, erklärt Osteuropa-Expertin Cindy Wittke vom Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS) in Regensburg. Matthias Kleiner, Präsident der Leibniz-Gemeinschaft, ordnet das Wissenschaftsembargo gegen Russland ein. Und Hajo Zeeb wagt eine Prognose, wie der Corona-Sommer wird.

Droht die „Sommerwelle“, vor der Gesundheitsminister Karl Lauterbach seit Anfang März warnt? Zeeb: „Eine solche Sommerwelle haben wir in den letzten zwei Jahren nicht gehabt, das wäre etwas Neues.“ Dennoch sei es angesichts der steigenden Fallzahlen sinnvoll, über diese Möglichkeit zu sprechen.

 Hajo Zeeb ist Experte für Prävention und Epidemiologe.

Hajo Zeeb ist Experte für Prävention und Epidemiologe.

Foto: Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie/Sebastian Budde

Er selbst werde ab Sonntag nicht viel anders machen als bisher, sagt er. „Masken werden auch weiterhin sinnvoll sein. Auch wenn die Regeln andere sind.“ Bei der Gestaltung der zukünftigen Corona-Verordnungen gehe es auch darum, „wie viele Handlungsmöglichkeiten man behält, um auf unerwartet veränderte Umstände weiterhin eingehen zu können.“ Das sei die hohe Kunst.

Wenn Viren so verbreitet sind, wie Sars-CoV-2 durch die Omikron-Variante, dann könnten sich erneut gefährlichere Varianten entwickeln, erklärt Zeeb in „Tonspur Wissen“. „Wunschdenken“, nennt er das Vertrauen darauf, dass es bei einer verhältnismäßig harmlosen Variante wie Omikron bleibt. Wie sich Corona in Zukunft und vor allem global weiterentwickelt, sei nur schwer einzuschätzen. „Das ist der Grund, warum wir weiterhin über Vorsichtsmaßnahmen sprechen.“

Deshalb hat Hajo Zeeb auch nur wenig Verständnis für das Hin und Her um die Impfpflicht. Man müsse Impfen also als Prävention verstehen. Denn, und da ist sich Hajo Zeeb sicher: „Corona ist im Herbst und im Winter nicht weg, und wir werden damit auch dieses und nächstes Jahr weiterhin zu tun haben.“

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