"Europaweit, vermutlich sogar weltweit, einzigartig" Fischsaurier-Friedhof entpuppt sich als Sensation

Eislingen/Adelaide (rpo). Der vor kurzem entdeckte Fischsaurier-Friedhof bei Göppingen entpuppt sich immer mehr als eine wissenschaftliche Sensation. Ein Experte bezeichnet die Fundstätte der 180 Millionen Jahre alten Ur-Echsen als "europaweit, vermutlich sogar weltweit, einzigartig".

Forscher haben dort bereits die Fossilien von 17 so genannten Ichthyosauriern ausgegraben, wie die Universität Tübingen am Dienstag berichtete. Ähnlich viele gut erhaltene Knochen seien bisher noch nie auf so engem Raum gefunden worden, sagte Kreisarchäologe Reinhard Rademacher. Möglicherweise sei sogar eine neue Saurierart unter den Funden.

Die Forscher hatten ihre zweite Grabungsserie vor wenigen Tagen beendet. Bei den vier Wochen dauernden Arbeiten stießen sie auf das beinahe vollständige Skelett eines Stenopterygius (Schmalflossers). Dieser Fischsaurier sei zwar sehr häufig zu finden, die Qualität der jetzigen Knochenfunde sei jedoch bemerkenswert, berichtete der Tübinger Paläontologe Michael Maisch. So seien die Knochen beispielsweise nicht platt gedrückt, so dass sich von ihnen Abdrücke für dreidimensionale Modelle des Tieres machen lassen sollen. Die Forscher versprechen sich zahlreiche neue Einsichten über das Ökosystem des Jurameers.

Der Saurierfriedhof bei Eislingen im Kreis Göppingen wurde im vergangenen Jahr bei Tiefbauarbeiten für einen neuen Streckenabschnitt der Bundesstraße 10 von Studenten entdeckt. Damals fanden die Forscher unter anderem das beinahe vollständig erhaltene Skelett eines seltenen Temnodontosaurus (Schnittzahnsaurier). Dieses "Monster von Eislingen" gehörte mit bis zu 15 Metern Körperlänge zu den gewaltigsten Räubern seiner Zeit. Obwohl die Wissenschaftler noch weitere Saurierskelette in den Gesteinsschichten vermuten, wollen sie aus finanziellen Gründen zunächst nicht weiter graben.

Die Fischsaurier (Ichthyosaurier) gelten als die am stärksten spezialisierten meeresbewohnenden Reptilien. Ihr Name bedeutet wörtlich übersetzt Fischechsen. Sie sahen wie Fische aus, atmeten als Reptilien aber Luft. Ihre Körperform ähnelte der einer heutigen Makrele oder eines Tunfisches. Die ausgeprägte Stromlinienform erlaubte es ihnen, Geschwindigkeiten von 40 km pro Stunde zu erreichen.

Nach einem spektakulären Fischsaurier-Fund präsentieren australische Forscher unterdessen eine neue Theorie zum Aussterben dieser Ur-Echsen. In den Eingeweiden eines 110 Millionen Jahre alten schwangeren Fischsaurier-Weibchens hatte das Team um Benjamin Kear vom Südaustralischen Museum in Adelaide Babyschildkröten- und Vogelreste entdeckt.

Das widerspreche der gängigen Annahme, die Ur-Echsen hätten sich vor allem von tintenfischartigen Belemniten ernährt, schreiben die Forscher in den "Proceedings B" (DOI: 10.1098/rsbl.2003.0050) der Londoner Royal Society. Der plötzliche Einbruch bei den Zahlen der wirbellosen Meerestiere wie Belemniten vor rund 90 Millionen Jahren gilt als wichtiger Faktor für das Aussterben der Fischsaurier. Alternativ könnten die Ichthyosaurier den evolutionären Wettbewerb mit ähnlichen Raubtieren verloren haben, argumentieren die Australier.

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