Werbe-Strategen: Mann ist das schwache Geschlecht Werbung: Der Mann von heute ist desorientiert

Hamburg (rpo). Frau hat es schon immer geahnt, Werbestrategen haben es jetzt bestätigt: Der Mann von heute ist desorientiert und befindet sich immer noch in einem Selbstfindungsprozess. Weder der Macho-Typ, noch Softies sind als Männertypen in der heutigen Zeit gefragt.

Heute reibt man sich irritiert die Augen: Da wollen putzende, kochende, Babys wickelnde, durchs Internet zappende, ein Bierchen mit Freunden genießende, nackte, alberne und veralberte Männer zum Kauf animieren.

Männer sind zur Zeit in einem "Selbstfindungsprozess", ist Prof. Peter Wippermann vom Hamburger Trendbüro überzeugt. Frauen hätten das bereits hinter sich. Vor Jahrzehnten, da war die Sache noch ganz einfach: Es gab den Macho-Mann - verkörpert durch den Marlboro-Cowboy - und den Manager mit Karriere und Familie - wie "Herrn Kaiser" oder den "Melitta-Mann".

Und sowieso mussten nur die Frauen als Käufer ge- und beworben werden, denn "mann" ging nicht einkaufen, auch nicht Rasierwasser oder die eigene Unterwäsche. Heute dagegen ist alles komplizierter: "Es gibt diese klaren Bilder nicht mehr", weiß Soheil Dastyari, strategischer Planer der Hamburger Werbeagentur FCB-Wilkens, der schon mit seiner Magisterarbeit vor vier Jahren begann, das Männerbild in der Werbung zu untersuchen.

Und die Werbung bringe auch nur die allgemeine Stimmung in der Gesellschaft auf den Punkt: Männer seien heute "desorientiert" und noch dabei, ihre neuen Plätze in der Gesellschaft zu suchen, meint Dastyari. Generell gleichen sich seiner Meinung nach die Rollen von Frauen und Männern jedoch immer mehr an. In vielen Spots sei der Mann heute passiv und unterlegen, oft sogar nur ein Deko- oder Sex-Objekt. Ein Image, das Frauen Jahrzehnte lang anhaftete. Während früher Männer in fast allen Werbefilmen den aktiven, tragenden Part inne gehabt hätten, sei es heute umgekehrt.

Schon in den 70er Jahren begannen Werbestrategen damit, das Bild des starken Geschlechts langsam aber sicher zu demontieren. Ganz krass wurde es in den 90er Jahren, beobachtete Dastyari. Es habe kaum einen Spot gegeben, in denen der Mann nicht am Herd versagte, verzweifelt vor der Waschmaschine stand, mit Hund und Kindern total überfordert war und auch noch eine Abfuhr nach der anderen vom Chef oder coolen, starken Frauen kassieren musste. Der Mann ist vielfach heute noch der "totale Idiot", sagt der Werbe-Experte.

Ganz so schlimm sieht Trendforscher Wippermann die Lage der Männer nicht mehr. Er erkennt bereits grobe Richtungen, in die "Mann" sich begibt: Zum einen gebe es nach wie vor den altbekannten "Softie", der sich zurückzieht und auch mal ein Haushaltsjahr nimmt. Dieser Typ tauche vor allem in den vielen neuen Spots mit Kindern auf. Die Erzieherrolle für einen Mann werde "schick".

Auch geblieben sei der "Macho", der sich sich offen aber neuerdings auch augenzwinkernd zu Spaß und Genuss bekennt. Der Mann der Zukunft ist für Wippermann jedoch der moderne James Bond - ein Typ, der auf Stil und Charme Wert legt, sich sicher auf jeder Art von Parkett bewegt und sein Lebensglück auch im Job sucht.

Mit neuen Rollen kommen jedoch auch neue Probleme: "Männer sind heute eitler, sie haben den Ehrgeiz, sportlich und erfolgreich zu sein", erkennt Wippermann. Die Folge sind ein Boom von Kosmetikprodukten speziell für den Mann. "Diät-Produkte zum Beispiel, früher eine reine Frauen-Domäne, kaufen heute zu fast 40 Prozent Männer", weiß Dastyari. Männer müssen also - genau wie Frauen - als Käufer beworben werden, denn sie brauchen nicht nur neue Produkte, sie kaufen sie auch immer häufiger selber ein.

(RPO Archiv)
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