NSU-Prozess Befragung von Zschäpe-Gutachter abgeschlossen

München · Im NSU-Prozess ist die psychiatrische Begutachtung von Beate Zschäpe abgeschlossen. Die mutmaßliche Rechtsterroristin und Hauptangeklagte in dem Prozess gilt als voll schuldfähig. Die Verteidigung könnte aber ein Gegengutachten vorlegen.

 Die Angeklagte Beate Zschäpe am 08.11.2016 im Gerichtssaal im Oberlandesgericht in München.

Die Angeklagte Beate Zschäpe am 08.11.2016 im Gerichtssaal im Oberlandesgericht in München.

Foto: dpa, kne kno kre tba

Im Verfahren um die NSU-Mordserie hat das Münchener Oberlandesgericht (OLG) am Mittwoch nach mehrwöchiger Befragung den Sachverständigen Henning Saß entlassen. Die psychiatrische Begutachtung von Beate Zschäpe ist damit abgeschlossen. Keine der Prozessparteien widersprach der Entlassung von Saß. Die drei ursprünglichen Pflichtverteidiger Zschäpes kündigten allerdings einen Antrag gegen die Verwertung des Gutachtens für das Urteil an.

Saß hatte Zschäpe am 17. Januar volle Schuldfähigkeit bescheinigt. Unter bestimmten Bedingungen könne sie auch in Zukunft noch als gefährlich gelten. In den folgenden Wochen richteten vor allem Zschäpes Verteidiger zahlreiche Nachfragen an den Sachverständigen.

Offen ist, ob Zschäpes Verteidigung noch ein Gegengutachten vorlegen wird, das sich kritisch mit der Methodik des Sachverständigen befassen soll. Die drei ursprünglichen Pflichtverteidiger hatten es mehrmals in Aussicht gestellt. Zschäpe hatte zudem über ihre Wahlverteidiger eine Besuchserlaubnis für den Freiburger Psychiater Joachim Bauer beantragt. Darüber hat das OLG aber noch nicht entschieden.

Den Verhandlungstermin am Donnerstag sagte das Gericht ab. Der Mammutprozess soll nun nach den bayerischen Faschingsferien am 7. März fortgesetzt werden.

Unmittelbar vor seiner Entlassung hatte Saß am Mittwoch auf Wunsch des Gerichts die Aussage einer Beamtin der Justizvollzugsanstalt Stadelheim bewertet. Sie hatte zuvor ausgesagt, Zschäpe verhalte sich in der Untersuchungshaft "unauffällig, freundlich, korrekt und höflich". Die Anstalt habe nie disziplinarisch gegen sie vorgehen müssen.

Saß sagte, es gehöre zu Zschäpes "besonderen Fähigkeiten", dass sie sich "sehr gut kontrolliert und der jeweiligen Situation anpassen kann". Sie sei auch über viele Jahre zu "Camouflage" in der Lage, sagte Saß unter Hinweis auf die fast 14 Jahre, die Zschäpe zusammen mit den mutmaßlichen NSU-Mördern Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im Untergrund lebte. Er sei darum nicht überrascht, dass sie in der JVA nicht auffalle.

Die Justizbeamtin berichtete zudem, Zschäpe bekomme regelmäßig "Geld von außen" in die U-Haft geschickt. Es handele sich jeweils um Beträge von "mal 100, mal 200 Euro". Das Geld komme von nahen Angehörigen sowie einer dritten Person, deren Namen sie auch nannte. Nebenklage-Anwalt Thomas Bliwier äußerte den Verdacht, es handele sich um einen Mann, der auf Facebook und Twitter "Freiheit für Bea" fordere und ausländerfeindliche Gesinnung äußere.

Zschäpe ist wegen Mittäterschaft an den zehn Morden und zwei Sprengstoffanschlägen des "Nationalsozialistischen Untergrunds" angeklagt. Das Motiv für fast alle Taten war nach Überzeugung der Bundesanwaltschaft Rassenhass. Der Prozess läuft seit bald vier Jahren.

(oko/dpa)
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