Serien-Revolution "House of Cards" im Free-TV Der Gestank nach Verrat und Macht

Düsseldorf · Eine Polit-Serie über den Aufstieg eines Fraktionsvorsitzenden - das hört sich alles andere als unterhaltsam an. Die Mischung aus Aktualität, routinierter Inszenierung und einem perfekt besetzten Anti-Helden macht aus "House of Cards" aber ein wahres TV-Erlebnis.

"House of Cards" hat das Fernsehen von Grund auf revolutioniert. Die Qualität der Serie war diesbezüglich zunächst einmal zweitrangig; was diese Show bei Produktionsbeginn im vergangenen Jahr einmalig machte, war die Art der Ausstrahlung. Ein recht unbekanntes Unternehmen namens Netflix, das als Online-Videothek Filmliebhabern in den USA ein Begriff war, übernahm die Produktion der kompletten Serie, die sie dann selbstständig im Internet ausstrahlen wollte.

Ein gewagtes Unterfangen, Kritiker glaubten aber dennoch an den Erfolg. Grund dafür war größtenteils der Name David Fincher: Der US-Amerikaner hat sich als einer der besten und erfolgreichsten Film-Regisseure von Hollywood etabliert, mit Werken wie "Sieben", "Der seltsame Fall des Benjamin Button", "Fight Club" oder "The Social Network" hatte er in den vergangenen Jahrzehnten für filmische Meilensteine gesorgt.

Was sollte also schiefgehen? Die Handlung von "House of Cards" war dank der gleichnamigen BBC-Miniserie von 1990 bereits auf Tauglichkeit getestet worden. Außerdem holte Fincher noch Superstar Kevin Spacey mit an Bord und besetzte die Hauptrolle mit ihm.

Die TV-Serie ist an einem vorläufigen Höhepunkt angekommen, Shows wie "Breaking Bad" oder "The Walking Dead" lösten weltweite Hypes aus. "House of Cards" hätte die großen Erwartungen nicht erfüllen und problemlos im übergroßen Schatten der Serienbrüder untergehen können — tat sie aber nicht. Die Serie punktet nämlich vor allen Dingen bei drei herausragenden Aspekten.

1. Ein weiterer genialer Anti-Held

Wer Spacey in diversen Filmrollen gesehen hat, weiß: Dieser Schauspieler kann böse. Natürlich, er kann auch traurig oder fröhlich, nett oder verzweifelt, verrückt oder lethargisch. Aber vor allen Dingen kann der 54-Jährige böse — allein sein Kurzauftritt als diabolischer Mörder John Doe in "Sieben" sollte alle Zweifel zerstreuen. Die Serien-Figur des machtgeilen Fraktionsvorsitzenden Francis Underwood, der durch bitterböse Intrigen an die Politspitze kommen will, ist geradezu ein Selbstläufer für ihn. Dennoch muss dieser Anti-Held Empathie erwecken, um zu funktionieren. Das gelingt: Spacey wirkt trotz seiner Hemmungslosigkeit in "House of Cards" wie ein gerissener Schelm. Grandios.

2. Souveräne Inszenierung, vereinzelte Spitzen

Auch Fincher und seine Regie-Kollegen - der 51-Jährige verwirklichte bisher lediglich zwei Episoden - agieren wie erwartet gut. Die fast 60-minütigen Episoden werden größtenteils routiniert inszeniert, einige Highlights nehmen sich die Macher aber heraus. So verwenden sie immer wieder metadiegetische Szenen à la Brecht, in denen Protagonist Underwood aus der eigentlichen Erzählwelt herausbricht und direkt in die Kamera redet. Dadurch entsteht eine engere Beziehung zwischen den Zuschauern und dem Anti-Helden — ein raffinierter Trick, um nicht nur auf Spaceys Charisma zu vertrauen.

3. Der aktuelle Bezug: Betrug, wohin man schaut

Der Plot von "House of Cards" ist recht simpel: Underwood bekommt widererwartend nicht den Posten des Außenministers im Kabinett des neu gewählten Präsidenten. Daraufhin kennt der hochintelligente Soziopath kein Erbarmen mehr — er will Macht, egal wie. Seine Ehefrau (Robin Wright) und die junge, ehrgeizige Journalistin Zoe Barnes (Kate Mara) helfen ihm dabei mehr oder minder unwissend, schwimmen dadurch aber auf einer Erfolgswelle.

Unschuldig ist aber in dieser Serie (fast) niemand, hier stinkt es unerträglich nach Betrug und Verrat. Und so kann die Serie auch wegen der gegenwärtigen Aktualität punkten: Während täglich neue Informationen zu der Spähaffäre der NSA ans Tageslicht kommen und das Vertrauen in Politiker immer mehr schwindet, inszeniert "House of Cards" die Politwelt als Dystopie, die vor Egomanen und Korruption nur so strotzt.

"House of Cards" ist ab Sonntag, 10. November, um 23.15 Uhr auf Sat1 zu sehen.

(cfk)
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