Berlin Die wichtigsten Fragen zum Pflanzengift Glyphosat

Berlin · Nach Gift-Spuren in Muttermilch deutscher Frauen schlagen die Grünen Alarm - das Ministerium gibt Entwarnung.

Stillen gilt als besonders gesund fürs Kind. Nun finden sich in der Muttermilch einiger deutscher Frauen Rückstände des Unkrautvernichters Glyphosat. Gemessen hatte das ein Leipziger Institut im Auftrag der Grünen. Die wichtigsten Antworten zum Thema.

Wo wird Glyphosat eingesetzt? Glyphosat ist weltweit der mengenmäßig bedeutendste Inhaltsstoff von Herbiziden. Es kommt nach Angaben des Agrarministeriums seit 1974 vor allem bei der Unkrautbekämpfung zum Einsatz. Getreide und Raps werden demnach aber zum Teil auch noch vor der Ernte damit behandelt. Wie schädlich ist das Gift? Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) sieht in einem Bericht von Dezember 2013 keine Gefahren für die Gesundheit von Mensch und Tier. Die Krebsforschungsagentur IARC der Weltgesundheitsorganisation WHO stufte den Wirkstoff dagegen im März dieses Jahres als "wahrscheinlich krebserregend" ein. Irene Witte, Professorin am Institut für Toxikologie der Universität Oldenburg, nannte die Werte "untragbar". "Ich hätte nicht mit solch hohen Rückstandswerten in der Muttermilch gerechnet, da Glyphosat stark wasser- und nicht fettlöslich ist." Witte sagte, wenn Glyphosat wirklich krebserregend sei, dann müsse man jede Belastung als bedeutsam betrachten. "Hier gelten dann auch keinerlei Grenzwerte mehr. Jedes Molekül könnte schon Krebs erzeugen." Eine hohe Konzentration vergrößere aber natürlich noch die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung. Wird die Europäische Union jetzt Maßnahmen ergreifen? Das Thema ist auch aktuell, weil die Genehmigung für Glyphosat in der Europäischen Union Ende des Jahres ausläuft und der Wirkstoff neu geprüft wird. Deutschland hat dabei als zuständiger Berichterstatter eine herausgehobene Position - und auf Grundlage des BVL-Berichts zunächst keine Bedenken angemeldet. Ein Ministeriumssprecher teilte auf Anfrage mit, der Bericht sei "nach intensiver und sorgfältiger fachlicher Prüfung aktueller Erkenntnisse erstellt" worden. Das Bundesinstitut für Risikobewertung sehe derzeit "keinen Anlass, seine vorläufige Bewertung des Wirkstoffs zu ändern". Die IARC-Daten lägen noch nicht vollständig vor. Sobald dies der Fall sei, "werden diese eingehend geprüft und in die Gesamtbewertung des Wirkstoffs auf EU-Ebene einfließen". Die "Arbeitsgemeinschaft Glyphosat" erklärte gestern, dass mehr als 800 Studien die Sicherheit des Gifts bestätigt hätten. Dank der immer besseren wissenschaftlichen Analytik seien viele Umweltchemikalien auch in kleinsten Mengen heute nachweisbar.

(RP)
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