Hessischer Justizminister Hahn in der Kritik FDP gibt Rot-Grün Mitschuld an Odenwald-Missbrauch

Berlin (RPO). Mit einer angeblichen Behauptung zur Mitschuld von SPD und Grünen an den Missbrauchsfällen an der Odenwaldschule hat der hessische Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) für Wirbel gesorgt. Die Opposition forderte umgehend eine Entschuldigung für Äußerungen.

 FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn kann sich Hoffnungen auf den Posten des Justizministers machen.

FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn kann sich Hoffnungen auf den Posten des Justizministers machen.

Foto: AP, AP

Laut Hahn hätten die beiden Parteien in den 80er und 90er Jahren in der Gesellschaft "ein Klima geschaffen, das erst den Boden für solche Vorkommnisse bereitet hat", zitiert der Berliner "Tagesspiegel" (Donnerstagausgabe) den hessischen FDP-Vorsitzenden und stellvertretenden Ministerpräsidenten. Nach empörten Reaktionen der Opposition sagte ein Sprecher des Ministers, die Aussagen Hahns seien "unzulässig verkürzt" wiedergegeben worden.

Die Opposition in Hessen gab sich mit diesem Hinweis jedoch nicht zufrieden und fordert weiterhin eine Entschuldigung. "Das Dementi ist unzureichend. Eine Klarstellung sieht anders aus", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Günter Rudolph. Der "Tagesspiegel" sei eine seriöse Zeitung.

Der Sprecher des Justizministers bestätigte, dass Hahn von einem den Missbrauch begünstigenden "gesellschaftlichen" Klima vor 30 Jahren gesprochen habe. Der Minister habe jedoch lediglich wie kürzlich auch der Grünen-Politiker Daniel Cohn-Bendit die Frage aufgeworfen, ob daran die Reformpädagogik und die sexuelle Freiheitsbewegung einen Anteil gehabt hätten.

Hahn fordert der Zeitung zufolge von den politisch Verantwortlichen dieser Jahre, sich zu den Vorwürfen zu äußern, sie seien über sexuellen Missbrauch durch Lehrer informiert gewesen und hätten dies gedeckt. Der ehemalige Kultusminister Hartmut Holzapfel (SPD) hatte zuvor bestritten, in seiner Amtszeit von 1991 bis 1999 über Missbrauchsfälle an der Schule informiert worden zu sein.

"Armutszeugnis für einen Minister"

Rudolph sagte: "Das ist ungeheuerlicher Unfug und ein Armutszeugnis für einen hessischen Minister." "Wir verlangen eine Entschuldigung", betonte der SPD-Politiker. Auch der Grünen-Politiker Marcus Bocklet kritisierten die Vorwürfe als "völlig absurd und eines stellvertretenden Ministerpräsidenten nicht würdig". Die Linkspartei reagierte ähnlich empört.

Der Missbrauchsskandal an der Odenwaldschule gelangte Anfang März an die Öffentlichkeit. Die Vorwürfe waren zwar bereits im November 1999 erstmals publik gemacht worden, jedoch nicht vollständig aufgeklärt worden. Das gesamte Ausmaß scheint nun nach und nach ans Licht zu kommen. Acht ehemalige Lehrer werden des Missbrauchs beschuldigt, die Fälle sollen sich zwischen 1966 und 1991 ereignet haben. Medienberichten zufolge gibt es Hinweise, dass Schüler noch bis weit in die 90er Jahre von Lehrern sexuell missbraucht wurden. Schulleiterin Margarita Kaufmann hatte erklärt, sie könne dies derzeit nicht bestätigen, aber auch nicht ausschließen.

(DDP/felt)
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