Corona-Beschlüsse Unklare Regelung sorgt für Kritik

Düsseldorf · Ruhetage über Ostern sollen die dritte Welle brechen. Also gibt es einen extra Feiertag für alle Arbeitnehmer? So einfach ist das rechtlich nicht. Viele Fragen bleiben offen.

 Noch ist nicht ganz klar, wie die Ruhetage an Ostern definiert werden (Symbolbild).

Noch ist nicht ganz klar, wie die Ruhetage an Ostern definiert werden (Symbolbild).

Foto: dpa/Hauke-Christian Dittrich

Über Ostern soll das Land weiter heruntergefahren werden. Zwei zusätzliche „Ruhetage“ sollen dabei helfen, die dritte Welle zu brechen. Der Begriff Ruhetag taucht dabei zum ersten Mal im Entwurf der Ministerpräsidenten-Konferenz (MPK) auf. Gründonnerstag und Karsamstag werden die meisten Geschäfte offenbar geschlossen bleiben. Was heißt das für Arbeitnehmer? Haben alle frei?

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow fordert von der Bundesregierung indes Klarheit darüber, welchen Status der Gründonnerstag im Rahmen des verschärften Oster-Lockdowns haben soll. Sollte der Tag zu einem Feiertag erklärt werden, sei eine "juristisch einwandfreie" Regelung erforderlich, sagt der Linken-Politiker im ZDF. Sollten daraus Schadenersatzansprüche entstehen, müsse die Bundesregierung für Ausgleich sorgen, ergänzt er.

Denn das Problem bei dem ursprünglichen Entwurf: Der Begriff „Ruhetag“ ist etwas unklar und war nicht abschließend definiert: „Ruhetage kennt man im Arbeitszeitgesetz als Ersatzruhetage, wenn feiertags gearbeitet wurde, beispielsweise in der Pflege“, erklärt Till Bender von der DGB Rechtsschutz GmbH. Für Menschen mit normaler Fünftage-Woche sei der Sonntag der Ruhetag. Damit soll sichergestellt werden, dass Menschen nicht einfach durcharbeiten, sondern ihnen freie Tage garantiert werden. Im neuen Beschluss ist jedoch offenbar etwas anderes damit gemeint: Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach nach der Sitzung davon, dass sich die Regelungen für die Ruhetage an Sonn- und Feiertagen orientieren sollen. Feiertage müssen allerdings von den Ländern beschlossen werden.

Das läuft in der Regel über die Parlamente, ist aber rein zeitlich in der aktuellen Situation schwierig umzusetzen. Würde das jedoch geschehen, gäbe es mehr rechtliche Sicherheit: An Feiertagen gilt nämlich grundsätzlich ein Beschäftigungsverbot von null bis 24 Uhr. Ausnahmen gibt es für Bereiche, in denen die Arbeit zwingend jeden Tag erledigt werden muss. „Das hieße, dass Gründonnerstag und Karsamstag in diesem Jahr für die meisten Menschen freie Tage sind, für die keine Urlaubstage genommen werden müssten“, sagt Arbeitsrechtsanwalt Markus Mingers. Menschen, die in Berufen arbeiten, an denen auch an Feiertagen gearbeitet wird, hätten dann Anrecht auf einen Ersatzruhetag.

Auch ob Betriebe grundsätzlich schließen müssen, hängt an der Umsetzung der Länder. „Aktuell gehe ich davon aus, dass Betriebe nicht verpflichtet sind, an den benannten Ruhetagen zu schließen“, sagt Bender. Dann wiederum wäre auch der Urlaubsantrag wieder nötig.

Regierungskreisen zufolge ist der Gründonnerstag als ein arbeitsfreier Sonntag geplant. Diesen Vorschlag habe das für die Bundesregierung federführende Bundesinnenministerium ausgearbeitet, sagten zwei Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur Reuters. Der Samstag vor Ostern solle ebenso behandelt werden, allerdings könnten die Lebensmittelgeschäfte im engeren Sinne geöffnet bleiben. Den Ländern solle am Mittwoch, 24. März, eine entsprechende Verordnung vorgelegt werden. Sie sollten zudem die Möglichkeit haben, abweichende Ausnahmeregelungen zu erlassen.

Unsicherheit gibt es auch beim Thema Homeoffice: „Weil die Beschlüsse ja vor allem der Kontaktreduzierung dienen sollen, sehe ich rein logisch eigentlich keinen Grund, wieso man zu Hause nicht arbeiten sollen könnte“, sagt Anwalt Mingers.

Für Arbeitgeber hat die Umsetzung eine weitere rechtliche Relevanz: an gesetzlichen Feiertagen sind diese nämlich verpflichtet, den Mitarbeitern ihren Lohn weiter zu zahlen. Gründonnerstag und Karsamstag würde so also kein Geld eingenommen werden können, der Lohn müsste aber weiter gezahlt werden.

So regte sich auch aus der Wirtschaft bereits Kritik an den neuen Osterbeschlüssen der Regierung. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) meldete schwere Bedenken während eines schon länger geplanten Austausches am Dienstagabend bei Kanzlerin Angela Merkel an: "Plötzliche Betriebsstilllegungen sind für eine international vernetzte Wirtschaft nicht darstellbar", warnte VDA-Präsidentin Hildegard Müller, die beim sogenannten Autogipfel mit Ministern, Gewerkschaftsführern und Wissenschaftlicher über die Branche diskutiert hatte. "Lackierwerke und Energiezentralen sowie vieles andere mehr können nicht einfach auf Zuruf stillgelegt werden." Aber auch die logistischen Herausforderungen benötigten beispielsweise Feiertagsfahrerlaubnisse und Notfallsysteme müssten einsatzbereit sein, mahnte Müller bei Merkel. Die Automobilwirtschaft erwarte vernünftige und an unternehmerische Aktivitäten ausgerichtete praktikable Regelungen, die auch rechtssicher umzusetzen sein.

Auf der Seite der Arbeitnehmer ist hingegen nicht geklärt, ob es Feiertagszuschläge geben wird. „Die sind ja nicht per Gesetz, sondern über Verträge mit den Arbeitgebern geregelt“, sagt Till Bender. Und da würde der Begriff Ruhetag eben nicht in dem Sinne auftauchen, wie er in dem Beschluss verwendet wird.

Bund und Länder prüfen nun offenbar, ob eine Einführung des Ruhetags auch über das Infektionsschutzgesetz geregelt werden kann. Dann würde es sich wohl nicht um einen gesetzlichen Feiertag im ursprünglichen Sinne handeln. Welche Regelungen dann für Arbeitnehmer- und Geber gelten, müsste in einer Verordnung neu festgelegt werden. Das Arbeitsministerium des Landes NRW konnte zum weiteren Vorgehen am Dienstag noch keine konkreten Angaben machen.

(mabu/mpi/dpa/reuters)
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