Gesundheitsminister Spahn kündigt Ende der Impf-Priorisierung für 7. Juni an

Berlin · Bei den Impfungen in Deutschland soll ab dem 7. Juni keine festgelegte Reihenfolge mehr gelten. Gleichzeitig warnte Gesundheitsminister Spahn vor unrealistischen Ewartungen bezüglich des Impftempos. Kritik kommt von Hausärzten und Patientenschützern.

Bis Ende Mai sollen 40 Prozent der Menschen in Deutschland mindestens einmal gegen Corona geimpft sein. Das teilte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am Montag in Berlin mit. 15 Millionen Impfungen von Menschen mit besonderem Risiko seien von heute bis zum 7. Juni vorgesehen. Dann werde die Priorisierung in Impfzentren und in den Arztpraxen aufgehoben. Spahn wertete den bis dahin noch weiter geltenden Vorrang für Ältere, Kranke und Menschen in bestimmten Berufen als wichtig. „Sie zuerst zu impfen, das war epidemiologisch geboten“, sagte er. Die Priorisierung sei auch moralisch geboten gewesen. „Das war keine Bürokratie, das hat Menschenleben gerettet.“ Dennoch könnten die Kommunen bestimmte Kontingente von Impfdosen weiter für bestimmte Stadtteile oder Personengruppen verwenden.

Ab 7. Juni wird die Priorisierung bundesweit in Arztpraxen und den regionalen Impfzentren dann entfallen. Zugleich wird betont, dass aufgrund der aktuell erwarteten Liefermengen nicht gleich alle Impfwilligen bereits im Laufe des Juni geimpft werden könnten. „Die Impfkampagne wird wie angekündigt bis zum Ende des Sommers fortgesetzt werden müssen.“

Außerdem seien in den drei Wochen bis zum 7. Juni noch mindestens 15 Millionen Erst- und Zweitimpfungen vorgesehen. Spahn hatte mehrfach deutlich gemacht, dass vor einer völligen Freigabe zunächst noch die dritte und letzte Prioritätsgruppe zum Zuge kommen soll. Dazu gehören neben über 60-Jährigen etwa Supermarktverkäuferinnen, Busfahrer, Justizbeamte und Lehrkräfte in weiterführenden Schulen.

Ebenfalls ab 7. Juni sollen dem Vorschlag zufolge auch Betriebs- und Privatärzte routinemäßig in die Impfungen einbezogen werden. Für sie soll von Beginn an keine Priorisierung gelten. Generell sollen noch im Rahmen der Priorisierung vereinbarte Termine für Erst- und Zweitimpfungen von der Impf-Freigabe unberührt bleiben.

Spahns Vorstoß sorgt allerdings für Kritik bei Patientenschützern und Hausärzten. Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, sagte unserer Redaktion „Nicht ein Datum darf das Ende der ethischen Reihenfolge bei der Impfung bestimmen. Allein der Impffortschritt in den drei Prioritätsgruppen muss der Maßstab für das Ende der Priorisierung sein.“ Brysch warf dem Bundesgesundheitsminister vor, dieser kapituliere vor den Alleingängen der Ministerpräsidenten. „Es war ein Fehler, dass nicht der Bundestag die Regeln festgesetzt hat. Kommt im Herbst die notwendige Auffrischungsimpfung für wenigstens 60 Millionen Menschen, sind alle ethischen Leitplanken demoliert. Dann werden nicht mehr die Schwachen und relevanten Berufsgruppen geschützt, sondern es regieren die Starken und Schnellen.“

Die Hausärzte haben nach der Ankündigung die Patienten um Geduld gebeten. „Die jetzt angekündigte Aufgabe der Impf-Priorisierung – Knall auf Fall, bundesweit, von einem Tag auf den anderen - wird eine große Herausforderung für die Hausärztinnen und Hausärzte, aber insbesondere auch für unser Praxispersonal, das schon jetzt von Anfragen überrannt wird“, sagte Hausärzte-Präsident Ulrich Weigeldt unserer Redaktion. „Bei allem Verständnis dafür, dass jede und jeder jetzt so schnell wie möglich dran kommen will, appelliere ich an die Patientinnen und Patienten: Habt Geduld! Wir Hausärztinnen und Hausärzte tun alles, um so viele Menschen so schnell wie möglich zu impfen, aber es ist eine Illusion zu glauben, dass es keine Wartezeiten mehr geben wird!“ Weigeldt forderte Bund und Länder auf, ausreichend Impfstoff zur Verfügung zu stellen. „Wer großspurige Ankündigungen macht und den 7. Juni als Stichtag nennt, muss dann aber bitte auch bis zum 7. Juni endlich Impfstoff in ausreichenden Mengen in die Praxen liefern“, sagte er.

(felt/dpa)
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