Vor Auslieferung in die USA Mexiko will Drogenboss "El Chapo" den Prozess machen

Mexiko-Stadt · Dem mexikanischen Drogenboss Joaquín "El Chapo" Guzmán soll vor einer möglichen Auslieferung an die USA der Prozess in seiner Heimat Mexiko gemacht werden. "El Chapo" gilt als der weltweit größte Drogenboss. Er wurde am Samstag in Mexiko gefasst.

2014: Festnahme von Drogenboss Joaquín "El Chapo" Guzmán in Mexiko
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2014: Festnahme von Drogenboss Joaquín "El Chapo" Guzmán in Mexiko

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Ein Bundesgericht entschied am Dienstag in Mexiko, dass der 56-jährige Boss des berüchtigten Sinaloa-Kartells unter anderem wegen organisierten Verbrechens und Drogenhandels zur Verantwortung gezogen werden soll. Zudem hoffen die Ermittler auf Informationen über das Sinaloa-Kartell. Die US-Justiz erwägt einen Auslieferungsantrag, da Guzmán auch in den Vereinigten Staaten diverse Drogendelikte zur Last gelegt werden.

Drogenboss im Hochsicherheitstrakt

Zu Befürchtungen, dem bis zu seiner Festnahme am Samstag der weltweit meist gesuchten Drogenboss könnte wieder die Flucht gelingen, sagte Innenminister Osorio Chong, "El Chapo" befinde sich in einem Hochsicherheitsgefängnis nahe Mexiko-Stadt. Dort seien alle Maßnahmen ergriffen worden, "um eine weitere Flucht dieses Kriminellen zu verhindern". Guzmáns Anwälte können binnen drei Tagen gegen die Entscheidung, ihn in Mexiko vor Gericht zu stellen, Einspruch erheben.

Sinaloa-Kartell arbeitet weiter

Trotz der Festnahme seines Anführers Joaquín "El Chapo" Guzmán dürfte das mächtige mexikanische Sinaloa-Kartell mit Drogen weiterhin ein Milliardengeschäft machen. Guzmáns Verhaftung war zweifellos ein schwerer Schlag für den Drogenring, zumal in den vergangenen Monaten bereits eine ganze Reihe wichtiger Funktionsträger gefasst wurden. Dennoch bleibt das Kartell Hauptlieferant von Kokain in die USA, und die Festnahme am Samstag ändert nichts an seiner immensen politischen Macht, genährt von Beamtenbestechung und Geldwäsche.

"So lange diese anderen Strukturen bleiben, kann Sinaloa weitermachen, wenn nicht wie bisher, dann zumindest als mächtigste Verbrecherorganisation in Mexiko", sagt David Shirk, Direktor des Projekts Justiz in Mexiko an der Universität von San Diego. Das langfristige Schicksal des Kartells lässt sich indes schwieriger vorhersagen. Es sei reine Spekulation, wie das Kartell Guzmán ersetzen werde und ob andere Verbrecherbanden versuchen würden, die Macht zu übernehmen, sagt der mexikanische Innenminister Miguel Ángel Osorio Chong. "Wir müssen auf echte Informationen warten, und wenn wir sie haben, werden wir handeln", sagt er.

Aus Justizkreisen verlautete, Geheimdienstinformationen deuteten darauf hin, dass Guzmáns Partner Ismael "El Mayo" Zambada vermutlich der nächste Chef des Sinaloa-Kartells werde. Guzmán, der es auf die Listen der Milliardäre und der weltweit mächtigsten Personen des US-Magazins "Forbes" schaffte, war in einer Reihe mit Zambada und Juan José Esparragoza, genannt "El Azul", Erster unter Gleichen. Die anderen beiden sind auf freiem Fuß. Ihr Geschäftsplan sah den Handel mit Kokain, Marihuana, Heroin und Metamphetamin in 54 Ländern vor, wie Guillermo Valdés sagt, der frühere Leiter des wichtigsten mexikanischen Inlandsgeheimdienstes.

Für die Zerschlagung anderer Kartelle musste die mexikanische Regierung in der Vergangenheit mehr als einen einzigen Boss fassen. Die Arellano-Félix-Brüder in Tijuana wurden im vergangenen Jahrzehnt einer nach dem anderen festgenommen oder getötet, ebenso wie die Beltran-Leyva-Brüder von 2008 bis 2011. Und obwohl Marineinfanteristen den Zeta-Boss Heriberto Lazcano Lazcano im Oktober 2012 töteten, schwand die Macht der Bande erst dann, als ihr anderer Anführer Miguel Ángel Treviño Morales im vergangenen Sommer verhaftet wurde.

Auch wenn die langfristige Zukunft des Sinaloa-Kartells unklar ist, eines scheint gewiss: Der Drogenhandel wird weiterhin blühen. "So lange es eine Nachfrage gibt, wird es Lieferungen geben", sagt Valdez. "Es ist wie mit Energie. Man kann sie nicht schaffen oder zerstören. Sie verwandelt sich nur."

(AFP)
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