Anschläge in Norwegen Anders B. im gepanzerten Wagen zum Gericht gefahren

Oslo · Eine norwegische Richterin hat am Montag eine öffentliche Anhörung des mutmaßlichen Attentäters von Oslo und Utöya abgelehnt. Zum Gedenken an die mehr als 90 Opfer der Anschläge haben die Länder des Nordens am Montagmittag eine Schweigeminute eingelegt. Unterdessen prüfen deutsche Verfassungsschutzbehörden mögliche Kontakte des Attentäters von Norwegen in die deutsche rechtsextreme Szene.

Norweger gedenken der Opfer in Schweigeminute
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Anders Behring Breivik wurde in einem gepanzerten Wagen zum Gericht gefahren. Der Haftprüfungstermin fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die Richterin kam damit einer Forderung der Staatsanwaltschaft nach. Diese beantragte nach Angaben einer Gerichtssprecherin auch eine Untersuchungshaft von acht Wochen für Anders Behring Breivik.

Eine öffentliche Anhörung in Anwesenheit des Verdächtigen könne die Ermittlungen und die Sicherheit beeinträchtigen, sagte Richterin Kim Heger. Breivik hatte eine öffentliche Anhörung gefordert, zu der er in einer Uniform erscheinen wollte.

Am Mittag gedachte Norwegen mit einer Schweigeminute der Opfer des Anschlags. Ministerpräsident Jens Stoltenberg stand dabei im Beisein von König Harald V. und Königin Sonja auf den Stufen eines Universitätsgebäudes in Oslo neben einer Flamme. Auch in den skandinavischen Nachbarländern Dänemark und Schweden wurde eine Schweigeminute eingelegt.

Schweigeminute in den Ländern des Nordens

In den skandinavischen Ländern hatten die Regierungen die Bevölkerung dazu aufgerufen, die Opfer zu würdigen. An sämtlichen offiziellen Gebäuden standen die Landesfahnen zum Zeichen der Trauer auf Halbmast. In Norwegen stand auch der Schienenverkehr um 12 Uhr für eine Minute still, auch an den Flughäfen und an der Börse wurde die Arbeit während der Schweigeminute niedergelegt.

Dänemarks Regierungschef Lars Lökke Rasmussen sprach in seinem Appell zur Teilnahme an der Schweigeminute von einem "Angriff auf uns alle". Sein finnischer Kollege Jyrki Katainen rief dazu auf, die "Werte einer offenen Gesellschaft und der Demokratie zu verteidigen, auch wenn sie angegriffen werden".

Verfassungsschutz prüft Verbindungen

Deutsche Verfassungsschutzbehörden prüfen mögliche Kontakte des Attentäters von Norwegen in die deutsche rechtsextreme Szene. Das sei nach derartigen Anschlägen "selbstverständlich", sagte ein Sprecher der Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) am Montag in Köln.

Es lägen aber keinerlei Hinweise darauf vor, dass der mutmaßliche Täter Anders Behring Breivik Verbindungen nach Deutschland unterhalten habe, betonte er. "Das muss geprüft werden. Dazu gibt es aber noch keine Anhaltspunkte."

Ähnlich äußerte sich ein Sprecher der Hamburger Innenbehörde. Auch der Verfassungschutz der Hansestadt gehe nach derartigen Anschlägen routinemäßig der Frage nach, ob es mögliche Kontakte gebe. "Aber wir haben in diesem Fall nach jetzigem Stand keinerlei Anhaltspunkte für irgendwelche Verbindungen nach Hamburg", sagte der Sprecher.

Anders Behring Breivik wird vorgeworfen, bei einem Bombenanschlag im Regierungsviertel von Oslo und bei einem anschließenden Amoklauf auf der Insel Utöya am Freitag mindestens 93 Menschen getötet zu haben.

Nach Angaben der norwegischen Polizei handelt es sich bei dem 32-Jährige um einen "christlichen Fundamentalisten" mit Kontakten zu rechtsextremen Kreisen. Im Internet tauchte ein 1500-seitiges Manifest auf, das ihm zugeschrieben wird. Außer Anleitungen zum Bombenbau enthält es Passagen, die die Islamfeindlichkeit des Autors beschreiben.

Neben vielen anderen europäischen Spitzenpolitikern werden in dem Text auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der ehemalige Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) erwähnt. Die Bundesrepublik wird darin als ein Land bezeichnet, in dem es keine "kultur-konservative, Antiislamisierungspartei von Bedeutung" gebe.

Alle im Bundestag vertretenen Parteien werden dort in einer Auflistung als Unterstützer des "Multikulturalismus" bezeichnet und mit Begriffen wie "Kulturmarxisten" und "selbstmörderische Humanisten" belegt.

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(apd/AFP/dapd/RPO)
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