Wagnis zahlte sich aus Der E-Auto-Pionier aus Dingden

Hamminkeln · Der 46-jährige IT-Unternehmer Oliver Duhr ist schon seit Jahren ein überzeugter E-Autofahrer - weil es die Umwelt schont und er lieber entspannt an sein Ziel kommt. Aber: Ein solches Auto muss man sich leisten können.

 Unternehmer Oliver Duhr aus Dingden lädt eines seiner E-Autos auf, die er verleiht.

Unternehmer Oliver Duhr aus Dingden lädt eines seiner E-Autos auf, die er verleiht.

Foto: Stefan Dickmann

Wir müssen uns Fahrer in elektrischen Autos offenbar als bessere Menschen vorstellen. Sie rasen nicht. Sie fahren vorausschauender. Sie machen auf langen Autofahrten häufiger Pause. Und sie verpesten nicht die Luft.

Dies gilt auch für Oliver Duhr (46) aus Dingden. Der IT-Unternehmer und dreifache Familienvater ist eine Art E-Auto-Pionier in der Region. Schon 2010 entschied er sich aus ökologischen Gründen, ein E-Auto zu kaufen - und musste damals noch drei Jahre warten, bis er seinen Tesla fahren konnte (heute sind es nur noch neun Wochen Wartezeit). Das E-Auto steht noch vor seiner Garage und ist bereits rund 160.000 Kilometer gefahren.

Es sei damals durchaus ein Wagnis gewesen, auf das E-Auto zu setzen, "weil ich nicht wusste, wie das alles läuft", sagt er in seiner Küche, während er über seine überwiegend positiven Erfahrungen mit E-Autos berichtet.

Vorher fuhr Duhr Dieselautos; kein Wunder bei einer Fahrleistung von 60.000 Kilometern im Jahr. Auf riesige Spritmengen sei er so gekommen mit monatlichen Kosten von 550 bis 650 Euro im Monat.

Das sei heute ganz anders: Zum einen profitiere er davon, dass er unterwegs an speziellen Tesla-Ladestationen kostenlos laden dürfe, zum anderen sei aber auch kostenpflichtiges Aufladen immer noch günstiger als Tanken. Ein E-Auto habe pro 100 Kilometer Energiekosten von 1,50 Euro bis 4,50 Euro, rechnet er vor. Bei einem Dieselverbrauch von durchschnittlich acht Litern liegen die Kosten, einen Literpreis von 1,20 Euro vorausgesetzt, nach 100 Kilometern bei 9,60 Euro.

"Als E-Autofahrer habe ich meinen Fahrstil geändert", sagt Duhr. Auf langen Autobahnstrecken fahre er bewusst viel langsamer als früher, dafür deutlich entspannter, mit einer Geschwindigkeit von 90 bis 100 km/h. Er könnte mit seinem Auto zwar auch viel schneller fahren, würde dann mit einer Ladung nicht so weit damit kommen.

Im Schnitt habe er mit seinem fünf Jahre alten E-Auto eine Reichweite von 400 Kilometern. Wenn er unterwegs lade, dauere das ungefähr 30 Minuten, bis der Akku einen Ladestand von 80 Prozent erreicht habe. Dann fahre er weiter, weil es bei allen E-Autos üblich sei, dass das Laden der letzten 20 Prozent deutlich länger dauert. Deshalb mache es unterwegs auch keinen Sinn, voll aufzuladen.

Aus dem Nachteil, geringere Reichweite, ergibt sich automatisch der Vorteil: Energie gewinnen durch defensive Fahrweise. Warum? Weil die Zurückhaltung des E-Autofahrers nicht nur Energie spart, sondern sogar Energie zurückgewinnt durchs Bremsen; ein Effekt, den jeder E-Autofahrer kennt und nutzt.

Und wo sollte sich jemand ein E-Auto kaufen? Ein sehr gutes, neues E-Auto sei zum Preis von rund 30.000 Euro erhältlich, sagt Duhr. Aber: Er hat eher schlechte Erfahrungen mit vielen Autohändlern gemacht, selbst wenn diese deutsche E-Autos im Programm haben. "Da bekommt man schnell den Eindruck, dass die gar keine E-Autos verkaufen wollen", sagt er. Die deutsche Autoindustrie habe kein Interesse an der E-Mobilität. Die Nachfrage, auch nach deutschen E-Autos, sei definitiv vorhanden, aber die Zahl der produzierten Autos viel zu gering.

Duhr rät, sich im Internet schlau zu machen. E-Autofahrer tauschten sich intensiv in Foren aus; dort gebe es auch Hinweise zu empfehlenswerten Händlern. Eine andere Informationsquelle seien VHS-Vorträge. Duhr hat auch einen kleinen E-Auto-Verleih in Dingden. Seine Kunden seien zum Beispiel Fahrer, deren Wagen einen schweren Unfall hatte und die deshalb als Ersatzwagen mal ein E-Auto ausprobieren wollten. Oder Mütter ohne Zweitauto im Haushalt. Oder Menschen, die einfach mal so ein E-Auto fahren wollen. Und die seien in der Regel begeistert vom elektrischen Auto.

Das fährt sich übrigens wie ein Automatik-Wagen: keine Kupplung, kein Schalthebel; nur Brems- und Gaspedal und Knöpfe für Parken, Rückwärts- und Vorwärtsfahren. Gewöhnungsbedürftig ist für Neulinge auf jeden Fall der "Geräuschpegel", wenn das E-Auto gestartet ist: zu hören ist - nichts, gar nichts. Trotzdem rollt der Wagen los, wenn man von der Bremse geht.

Ein paar Molltöne schleichen sich bei E-Auto-Enthusiast Duhr aber dennoch ein: Was das Laden anbetrifft, fehlten die Normen, was ein Versäumnis der Europäischen Union und der Bundesrepublik sei. Jeder Tankdeckel und jede Zapfpistolen seien genormt. Bei den Ladekabeln sei das leider anders. Es gebe zum Beispiel den Typ-2-Stecker, den CHAdeMO-Stecker und den CCS-Stecker. Und das es der eine Hersteller so und der andere so mache, sei wirklich ärgerlich.

(RP)
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