Zwillinge Josef und Heinrich Geerkens werden 90 Jahre alt 90 Jahre lang mit Reethaus verbunden

Schwaam · Josef und Heinrich Geerkens wuchsen mit vier Geschwistern im inzwischen mehr als 400 Jahre alten reetgedeckten Elternhaus in Schwaam auf. Zu ihrem 90.Geburtstag erinnern sich beide ans Leben auf diesem besonderen Hof.

 Die 90-jährigen Zwillinge Josef (links) und Heinrich Geerkens aus Schwaam vor ihrem reedgedeckten Elternhaus mit einem Bild aus ihrer Kindheit.

Die 90-jährigen Zwillinge Josef (links) und Heinrich Geerkens aus Schwaam vor ihrem reedgedeckten Elternhaus mit einem Bild aus ihrer Kindheit.

Foto: Nicole Peters

Anekdoten aus früheren Zeiten erzählen die Zwillingsbrüder Josef und Heinrich Geerkens sehr gern. So auch beim Treffen kurz vor ihrem 90. Geburtstag am heutigen Montag, 16. Juli, bei dem ebenfalls ihre Kinder und deren Partner dabei sind. Josef Geerkens, der heute in Mönchengladbach lebt, erinnert sich beispielsweise gut an den Ochsen, mit dem ihr Vater zum Ende des Zweiten Weltkrieges anstatt mit den Pferden auf dem Feld gearbeitet hatte. „Die Pferde waren ja eingezogen“, erzählt er. Ging das stattliche Tier einmal nicht schnell genug, trieb der Junge es mit Nachdruck an. Zu dieser Zeit waren sein Bruder und er noch Teenager. Beide wuchsen mit ihren vier Geschwistern im inzwischen mehr als 400 Jahre alten reetgedeckten Elternhaus in Schwaam auf. Bruder Heinrich übernahm später das Gehöft.

Während Josef eine Schneiderlehre in Mönchengladbach absolvierte, im Anschluss viele Jahre lang in einer Kleiderfabrik in Rheydt arbeitete und schließlich in dortiger Region mit seiner Frau wohnte, blieb Heinrich Geerkens im Elternhaus, in dem er bis heute lebt. Auf dem großen angesehenen Hof Stricker in Arsbeck ließ er sich als Ackerer ausbilden und bewirtschaftete mit seinem Vater nach dem Tod der Mutter im Jahr 1949 den elterlichen Hof. Ackerbau und Viehzucht haben sie betrieben. Dabei unterhielten sie eine Deckstation mit Deckbullen, die die Bauern aus der Nachbarschaft mit ihren Kühen aufsuchten. Das Reetdachhaus mit seinen Bewohnern hat die ganze Familie in all den Jahren immer verbunden, erzählen die Jubilare. Alle waren als Erwachsene regelmäßig zu Allerheiligen oder an Namenstagen dort und haben sich in die familiären Abläufe mit eingebracht.

Auf eine entscheidende restauratorische Maßnahme weist Heinrich Geerkens Tochter Maria hin. So musste das Dach des queraufgeschlossenen Wohnstallhauses – der Tierstall ist übergangslos in den Wohnbereich integriert – in den 1950er Jahren erneuert werden. Auf Anraten und mit Unterstützung des Landeskonservators und des Heimatvereins der Erkelenzer Lande wurde es 1956 neu mit Reet eingedeckt. „Ein Reetdach muss etwa alle 40 Jahre erneuert werden“, sagt sie, entsprechend ist der Teil zur Straße hin vor einigen Jahren erneut gedeckt worden. Als nächstes ist der Abschnitt zum Innenhof hin an der Reihe. „Damals gab es nur noch einen Mann in Merbeck, der diese Tätigkeit ausführen konnte“, erzählt sie weiter. Als der im Zweiten Weltkrieg verstarb, mussten für die Arbeiten Fachleute aus weiterer Entfernung beauftragt werden.

In den Jahren 1956 bis 1960 wurden sämtliche Schwaamer Reetdächer neu eingedeckt. Viele prägen bis heute mit ihrem individuellen Erscheinungsbild den idyllischen Ort. Ursprünglich war das Schilfrohr vor Ort gewachsen und ein billiges Rohstoffprodukt, das später unter anderem durch das Absinken des Grundwasserspiegels entlang der Schwalm immer weiter zurückging.

Die fränkische Hofanlage wurde 1616 als repräsentatives Gehöft erbaut. Das Reetdach wird von Eichenbalken getragen. Der Fußboden des Kellers ist als Mosaik aus flachen Kieselsteinen verlegt. In dem Fachwerkhaus soll Kaiser Napoleon I. in einem schmalen Schrankbett übernachtet haben. Zum 400. Bestehen hatte Dietmar Schmitz „Haus Geerkens in Schwaam – 400 Jahre Hofgeschichte“ verfasst.

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