Kreis Viersen Nach dem Amoklauf

Kreis Viersen · Tim K. hat in Winnenden Schüler und Lehrer auf seiner ehemaligen Schule umgebracht, insgesamt 15 Menschen getötet. "Könnte das auch bei uns passieren?" fragen sich jetzt die Schüler im Kreis Viersen.

Reaktionen zum Amoklauf in Winnenden von Schülern und Lehrern
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Reaktionen zum Amoklauf in Winnenden von Schülern und Lehrern

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Es ist das Gesprächsthema Nummer eins unter den Schülern: Der Amoklauf von Winnenden. Lehrer unterbrechen den Unterricht, um mit ihnen über die wahnsinnige Tat von Tim K. zu reden. Immer wieder stellen die Schüler die Frage: "Kann das auch bei uns passieren?"

Gerade die Jüngeren suchen die Diskussion mit den Lehrern. So auch an der Realschule Nettetal. "Die Schüler nehmen diesen Amoklauf als reale Bedrohung wahr", sagt eine Lehrerin einer fünften Klasse. Sie muss den Kindern gegenüber zugeben, dass es kaum eine Möglichkeit, sich davor zu schützen. Es gibt Verhaltensregeln für den Fall eines Amoklaufs. Doch die bestehen für die Schüler im Grunde darin, sich zu verstecken. Den Klassenraum abschließen, unter den Tisch kauern, sich still verhalten, Handys ausschalten. Die Lehrerin ist verwundert, dass selbst die Kleinen relativ gefasst mit dem Thema umgehen.

Vertrauensperson ist wichtig

Das hat auch Peter Götzenberger von der Katholischen Grundschule in Lobberich festgestellt. Schon Dritt- und Viertklässler kamen mit dem Thema auf. "Wir haben uns sehr umfangreich mit den Schülern unterhalten", sagt er. In einer vierten Klasse nimmt er gerade die Lektüre "Sonst bist Du dran" durch. Da gebot es schon die Aktualität, den Amoklauf zu thematisieren. "Ich habe den Schülern gesagt, dass es wichtig ist, eine Vertrauensperson zu haben, der man sich öffnen kann, wenn man sich in die Enge gedrängt fühlt", berichtet er. Um, wenn möglich, einen Amoklauf im Keim zu ersticken. Wer über seine Probleme spricht, frisst sie nicht in sich hinein.

Nicht nur Schüler fühlen sich unwohl. Auch Ulrich Vriens, Rektor der Hauptschule Süchteln, gibt zu, beunruhigt zu sein. Seit dem Amoklauf von Emsdetten vor zweieinhalb Jahren haben die Lehrer an seiner Hauptschule ein stärkeres Auge auf auffällige Schüler. "Wir haben schon den einen oder anderen Fall dem Jugendamt gemeldet. Auch von der Polizei hatte sich die Schule umfassend beraten lassen. Trotzdem will er das Thema Sicherheit jetzt noch einmal in den Vordergrund rücken.

Die Viersener Johannes-Kepler-Realschule hat seine eigene Antwort auf eine mögliche Bedrohung gefunden. Schulleiter Rolf Krohn sagt, dass ein solcher Überfall auf seine Schule nicht möglich sei. "Wir haben Zugangssperren. Von innen ist der Fluchtweg zwar offen, aber von außen kommt nicht jeder in das Gebäude", sagt er. Dieses Sicherheitskonzept hat die Lehrerschaft auch den Schülern erläutert, um sie zu beruhigen.

Am Erasmus-von-Rotterdam-Gymnasium in Viersen haben sie gestern um 10 Uhr eine Gedenkminute für die Opfer eingelegt. Rektor Rolf Fenner glaubt nicht, dass noch so viele Sicherheitsmaßnahmen Amokläufe verhindern könnten. "Auch in amerikanischen Schulen, die einen Schulpolizisten haben, finden sie dafür keine Lösung. Und die Täter gelten ja in der Regel als unverdächtig. Denen würde der Zugang zur Schule vermutlich ohnehin nicht verwehrt", sagt er.

(RP)
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