Handball Auftrag Klassenerhalt

Nach dem Aufstieg in die Handball-Bundesliga im Jahr 2009 über die Relegation ist die TSV Hannover-Burgdorf nun zum zweiten Mal dem Abstieg entgangen. Die Niedersachsen werden erster Heimspielgegner des BHC sein.

Vor rund drei Monaten ist er noch Frauenhandball-Trainer gewesen — in der Dritten Liga bei Wacker Osterwald. Dann bat ihn die TSV Hannover-Burgdorf um Hilfe. "Ich brauchte nicht lange zu überlegen", sagt Christopher Nordmeyer rückblickend. Er stand schnurstracks bei dem Handball-Bundesligisten auf der Matte: Donnerstag kam die Anfrage, am Samstag leitete er schon das erste Training.

"Ich hatte ja nichts zu verlieren", sagt der Coach. Schließlich war das Eliteteam aus der Landeshauptstadt unweit seiner bisherigen Wirkungsstätte in Garbsen-Osterwald nah an den Abgrund herangerückt, der Abstieg in die Zweitklassigkeit drohte. Aber Nordmeyer riss das Ruder herum. Die TSV hat vorzeitig die Klasse gehalten — und wird dem Bergischen HC nach dessen Aufstieg im September als erster Heimspielgegner im Oberhaus mit Sicherheit eine volle Halle bescheren.

Es ist ein Wagnis gewesen, Chefcoach Aron Kristjansson Mitte Februar durch einen wie Nordmeyer zu ersetzen. Zwar verfügt der 43-Jährige über die A-Lizenz, im Profibereich ist er aber in gewisser Weise ein Grünschnabel: Noch niemals zuvor hat er ein Team im bezahlten Handball geleitet. Auftrag Klassenerhalt — gleich eine derart große Bürde auferlegt zu bekommen, ist nicht einfach. Aber Nordmeyer, ein Sympathieträger ohne Allüren, ist die Sache cool angegangen, hat aus einer wenig homogenen Mannschaft innerhalb kurzer Zeit mit unkonventionellen Methoden eine Einheit geformt. Aktuell liegt die TSV auf Platz 14.

Im Jahr 2009 gelang in der Relegation gegen die TSG Friesenheim durch das entscheidende Tor von Jacek Bedzikowski in der allerletzten Sekunde erstmalig in der Geschichte der Sprung ins die Erste Liga. Da war der Verein in Handball-Deutschland noch so unbekannt, dass es ständig hieß: der TSV. Es ist aber die TSV, die Abkürzung steht für Turn- und Sportvereinigung.

Das hat sich inzwischen herumgesprochen — dank Nordmeyer, aber auch dank Nenad Puljezevic. Der ungarische Nationaltorwart ist der Publikumsliebling in Hannover. Nicht zuletzt deshalb, weil seine Beine mitunter wie Tentakeln erscheinen, sondern auch wegen seiner exzentrischen Art. Gerne zwängt er seinen erstaunlicherweise nicht gerade athletischen Körper gänzlich unbescheiden in ein Superman-Shirt und trägt es zur Schau.

Auf derartiges Gebaren kann Nordmeyer gut verzichten. Er zieht es vor, mit viel Akribie und einem Tick Besessenheit am Erfolg zu feilen — und zeigt exemplarisch, wie es funktionieren kann, sich als Underdog in der stärksten Liga der Welt zu behaupten. In der nächsten Saison, der dritten im Oberhaus, würde er die Mannschaft und Fans gerne vor dem Abstiegskampf bewahren. Die Chancen stehen nicht schlecht, denn der Übungsleiter hat einen großen Vorteil: Er kennt die Region und den Verein aus dem Effeff. Schließlich hat er zwei Jahrzehnte für die TSV gespielt, gehörte 2009 zum Aufstiegskader. Erfolgstrainer damals: Frank Carstens, der inzwischen beim SC Magdeburg das Sagen hat und nun Verstärkung von Dirk Pauling erhält. Pauling ist seit Mitte Februar Chefcoach eines Frauen-Handballteams gewesen — in der Dritten Liga bei Wacker Osterwald.

(RP)
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