Solingen Im Suff mit Messer zugestochen: Mildes Urteil für 42-Jährige

Solingen · Dass ein "vielen Dank" zum Abschluss eines Prozesses vom Angeklagten kommt, das war gestern Premiere für die Vorsitzende Richterin. Doch diese beiden Worte kamen der 42-Jährigen, die auf der Anklagebank vor dem Schöffengericht im Amtsgericht Platz genommen hatte, wahrlich zu Recht über die Lippen. Kann sie sich doch nicht darüber beschweren, dass sie mit einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten davon kommt.

Denn das, was am Abend des 8. Februar 2011 in ihrer Küche geschah, "hätte auch mit einem toten Freund enden können", wie der Staatsanwalt betonte. Während des Streits mit ihrem Lebensgefährten zückte sie ein mindestens 20 Zentimeter langes Küchenmesser und rammte es ihm in den Bauch.

Doch der Reihe nach: Bereits am frühen Nachmittag hatte die Frau an diesem Februartag damit begonnen, Alkohol in nicht unerheblichem Maß in sich zu schütten. Nachdem sie im Dezember zuvor nach 21 Jahren ihre Stelle verlor und kurze Zeit später auch ihre Schwester zu Grabe hatte tragen müssen, versuchte sie mit Alkohol ihre Lebenssituation vergessen zu machen. An jenem Nachmittag waren es zuerst vier bis fünf Flaschen Bier, anschließend eine Flasche Wein. Als dann noch ein Bekannter hinzu kam, gingen beide zu Wodka über. Bis dann der Lebensgefährte mit einem Freund in die Wohnung kam und den aus seiner Sicht ungebetenen Gast, der im Wohnzimmer auf der Couch saß, hinausschmiss.

Darüber geriet die 42-Jährige, die zu der Zeit über zwei Promille Alkohol im Blut hatte, so in Rage, dass sie schließlich zustach. An die Tat selber könne sie sich gar nicht mehr erinnern, erzählte sie gestern dem Gericht. Sie sei erst wieder zu Bewusstsein gekommen, als ihr Freund blutend vor ihr lag. Sie war es dann auch, die den Krankenwagen rief und die Wunde versorgte, bis der Notarzt kam.

Zehn Tage war das Opfer im Klinikum. Lebensgefahr habe zu keiner Zeit bestanden, las die Richterin aus dem Ärztebulletin vor. Die Wunde sei nicht sehr tief gewesen, und das Messer habe keine inneren Organe getroffen. Und so bescheinigten alle der Frau vor Gericht jede Menge Glück, dass gegen sie nur wegen gefährlicher Körperverletzung und nicht wegen Totschlags verhandelt wurde. Ihr damaliger Freund ist auch ihr heutiger Lebensgefährte. Der 43-Jährige hatte damals der Kripo in einem Brief geschrieben, dass er keine Strafanzeige stellen wolle. Die Angeklagte, deren Urteil bereits rechtskräftig ist, hat seitdem keinen Tropfen Alkohol mehr angerührt, wie sie betonte, und sie habe sich zudem in psychiatrische Behandlung begeben.

(RP)
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