"Matthes hat sich in einen Rausch gespielt." Alles eine Kopfsache

Von Volker Koch Als Außenseiter scheinen sich die Dormagener Handballer weitaus wohler zu fühlen als in der Favoritenrolle: Beim 34:27-Sieg , mit dem er den Erstligisten HSG Wetzlar aus der dritten DHB-Pokalrunde warf, bot der TSV Bayer nämlich seine bisher beste Saisonleistung. Sie wussten, wem sie einen großen Teil des Triumphes zu verdanken hatten: Nils Meyer (rechts) und Peter Sieberger eilen mit dem Schlusspfiff direkt auf Matthias Reckzeh zu, denn der Torhüter hielt maßgeblich den 34:27-Pokalsieg über die HSG Wetzlar fest.

Von Volker Koch Als Außenseiter scheinen sich die Dormagener Handballer weitaus wohler zu fühlen als in der Favoritenrolle: Beim 34:27-Sieg , mit dem er den Erstligisten HSG Wetzlar aus der dritten DHB-Pokalrunde warf, bot der TSV Bayer nämlich seine bisher beste Saisonleistung. Sie wussten, wem sie einen großen Teil des Triumphes zu verdanken hatten: Nils Meyer (rechts) und Peter Sieberger eilen mit dem Schlusspfiff direkt auf Matthias Reckzeh zu, denn der Torhüter hielt maßgeblich den 34:27-Pokalsieg über die HSG Wetzlar fest.

Getanzt wurde nach dem Schlusspfiff auf dem Parkett des Bayer-Sportcenters, gefeiert wird später: "Das war alles nichts wert, wenn wir am Samstag nicht Oßweil schlagen", rückte Matthias Reckzeh nach dem 34:27-Sieg (Halbzeit 18:16) des TSV Bayer über die HSG Wetzlar, mit dem die Dormagener den Erstligisten aus der dritten DHB-Pokalrunde warfen, die Relationen - und einigen Mitspielern den Kopf zurecht.

Reckzeh durfte das am Dienstagabend ohne Widerspruch tun. Denn der Torhüter wird als Vater des Sensationssieges in die Dormagener Pokalgeschichte eingehen: "Der Matthes hat sich in einen Rausch gespielt", lobte Trainer Kai Wandschneider seinen Keeper, der mit 20 gehaltenen Bällen die geballte Macht von 230 Länderspielen im Wetzlarer Angriff zur Verzweiflung brachte.

Und sein Gegenüber Axel Geerken, früher auch (zehn) Mal zwischen den Pfosten der Nationalmannschaft, angesichts dessen elf Paraden klar in den Schatten stellte. Es war der Aufstand der underdogs - und das beileibe nicht nur auf der Torhüterposition: David Breuer , vor einem Jahr noch bei BTB Aachen in der Oberliga aktiv, stach im Duell der Linkshänder den hoch gelobten, 90-fachen griechischen Nationalspieler Alexis Alvanos klar aus.

Was er zeigt, ist erstliga-reif: So wie hier, blieb den Wetzlarern Nebosja Golic, Savas Karipidis und Gregor Werum (v. l.) gegen Kjell Landsberg meist das Nachsehen. Schafft der TSV Bayer Dormagen nicht den Aufstieg in die Bundesliga, dürfte ein Spieler wie der gegen Wetzlar sieben Mal erfolgreiche Kreisläufer kaum am Höhenberg zu halten sein. NGZ-Fotos: H. Jazyk

Auf der anderen Halbposition waren Florian Wisotzki und Joey Duin klar besser als der Franzose Christian Caillat, dessen Auftritt an Arbeitsverweigerung erinnerte, und zumindest gleichwertig zu Lars Kaufmann, im Vorjahr im Dress von Concordia Delitzsch noch Top-Torjäger der Zweiten Liga Nord. In der Schaltzentrale erledigte Alex Koke seinen Job auch nicht schlechter als der 66-fache bosnische Nationalspieler Nebosja Golic.

Und um Kjell Landsberg, neben Matthias Reckzeh der überragende Akteur der Partie, am Kreis Gleichwertiges entgegen zu setzen, hätte Neu-Trainer Dragan Markovic wohl auf Robert Sighvatsson zurückgreifen müssen. Doch der Ex-Dormagener blieb wegen seiner Innenbanddehnung draußen. Neuzugang Gregor Werum mühte sich zwar bei seinem HSG-Debut am Kreis nach Kräften, erzielte auch fünf Treffer, scheiterte aber ebenso oft an Reckzeh.

Die einzige Position, auf der die Wetzlarer (in Person des sechsfachen Torschützen und 75fachen griechischen Nationalspielers Savas Karipidis) den Gastgebern überlegen waren, war - wen wundert's - die des Rechtsaußen. Der alles entscheidende Unterschied aber: Dormagen trat als Kollektiv auf, in dem vor allem in der kräftezehrenden Vier-plus-Zwei-Abwehr einer den anderen unterstützte.

Wetzlar war nicht mehr als eine Ansammlung von Einzelspielern im gleichen Trikot. Die Folge: "Dormagen hat uns nicht niedergekämpft, Dormagen war im Angriff spielerisch überlegen und in der Abwehr aggressiver als wir", gab HSG-Manager Rainer Dotzauer unumwunden zu. Auch Dragan Markovic, dem in der vergangenen Saison mit Willstätt ähnliches Ungemach unterlaufen war, sprach ohne Wenn und Aber von einem "absolut verdienten Sieg."

Der zwischendurch noch einmal in Gefahr geriet, als die Gäste einen Fünf-Tore-Rückstand (17:22, 37.) bis auf 23:24 (47.) und 24:25 durch das erste und einzige Tor von Caillat (47.) in bedrohlicher Weise verkürzten. Bedrohlich vor allem deshalb, weil Bayer im voraufgegangenen Punktspiel gegen den LTV Wuppertal (27:27) sogar einen Sechs-Tore-Vorsprung noch verspielt hatte.

Diesmal hielt Bayer gegen, weil die Deckung sich weiter Bälle eroberte und weil Wisotzki und Breuer im Doppelpack trafen: Nach dem 31:26 (54.) ergaben sich die Wetzlarer kampflos in ihr Schicksal. Was auch damit zu tun haben könnte, dass Markovic nur acht Feldspieler einsetzte, Wandschneider hingegen alle. Für den Bayer-Trainer war das alles reine Kopfsache: "Da kann man sehen, was die Mannschaft zu leisten vermag, wenn sie frei im Kopf ist".

Das, fürchtet Wandschneider, wird sie in den (mindestens) 30 weiteren Saisonspielen höchstens noch ein Mal sein: Im Pokal-Achtelfinale, falls es wieder gegen einen Erstligisten geht. "Am Samstag ist wieder Liga-Alltag", holte der Handball-Lehrer seine Pokalhelden schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Da kommt nämlich die TSG Ludwigsburg-Oßweil - und die ist nicht nur Aufstiegsanwärter, sondern hat ihre letzten beiden Gastspiele in Dormagen jeweils siegreich gestalten können.

(NGZ)
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