Rhein-Kreis Neuss SPD will Gewerbegebiet Silbersee

Rhein-Kreis Neuss · In Infrastruktur investieren, konsumtive Ausgaben zurückfahren – auf diese knappe Formel bringt Rainer Thiel seine Forderung mit Blick auf die Kreis-Finanzen. Ein förderungswürdiges Infrastrukturprojekt ist für den SPD-Chef im Kreistag das Gewerbegebiet am Silbersee.

 Fürchtet, dass die kommunale Selbstverwaltung ausgehöhlt wird: Rainer Thiel, Chef der SPD-Kreistagsfraktion.

Fürchtet, dass die kommunale Selbstverwaltung ausgehöhlt wird: Rainer Thiel, Chef der SPD-Kreistagsfraktion.

Foto: lber

In Infrastruktur investieren, konsumtive Ausgaben zurückfahren — auf diese knappe Formel bringt Rainer Thiel seine Forderung mit Blick auf die Kreis-Finanzen. Ein förderungswürdiges Infrastrukturprojekt ist für den SPD-Chef im Kreistag das Gewerbegebiet am Silbersee.

Herr Thiel, die öffentlichen Kassen sind weitgehend leer. Ist es die richtige Antwort, wenn der Rhein-Kreis in dieser Situation versucht, immer mehr Aufgaben an sich zu ziehen?

Rainer Thiel Wir müssen aufpassen, dass die kommunale Selbstverwaltung der Städte und Gemeinden nicht ausgehöhlt wird. Städte und Gemeinden sollten den zunächst guten Angeboten des Rhein-Kreises nicht erliegen. Das täuscht: Er kann es auch nicht preiswerter machen. Es ist nicht schlau, dass Städte und Gemeinden ihren Gestaltungsspielraum aus der Hand geben.

Sieben Bauhöfe, sechs Jugendämter ...

Thiel Der Rhein-Kreis kriegt die Jugendämter nicht. Das sind Aufgaben, die müssen bürgernah erfüllt werden. Und die besitzen in diesem Fall die Jugendämter der Städte und Gemeinden. Es müsste einmal jemand ausrechnen, was uns die kommunale Neugliederung von 1975 wirklich an Einsparungen gebracht hat. Ich befürchte, die Erfolge sind geringer als angenommen.

Warum sind Sie gegen die vom Landrat favorisierte interkommunale Zusammenarbeit? Was stört Sie?

Thiel Diese Interpretation ist falsch! Ich bin sogar für interkommunale Zusammenarbeit. Sie muss aber Sinn machen. Der Landrat könnte sich einmal um die Kooperation von Kreis- und Stadtwerken verdient machen. Energie- und Wasserversorgung sowie der Öffentliche Personennahverkehr eignen sich für interkommunale Zusammenarbeit. Da müssen wir ran.

In Deutschland ist das Aufkommen von Steuern, Gebühren und Abgaben hoch. Warum reicht das Geld dennoch nicht, um Infrastruktur und Sozialsysteme zu finanzieren?

Thiel Geld ist in der Tat genug da. Es ist nur ungerecht verteilt. Wir zahlen auch für die Fehlentwicklungen der FDP-Forderung "Privat vor Staat". Nehmen Sie das Beispiel der Stadtreinigung, die vielfach aus der Verwaltung ausgegliedert wurde. Das Geschäft ist für die Städte nicht preiswerter, die Städte sind dafür aber dreckiger geworden.

Wo kann der Rhein-Kreis sparen?

Thiel Der Sozialdatenatlas ist überflüssig, von den dort eingesparten 60 000 Euro können wir 40 000 Euro in die Aus- und Weiterbildung von jungen Leuten investieren. Wir benötigen keinen Journalisten-Preis und keine Olympia-Reise. Außerdem ist die Verwaltungsspitze zu breit aufgestellt. Der Wirtschaftsprüfer PWC hat einen Dezernenten weniger empfohlen und der Rhein-Kreis hat einen Dezernentenposten zusätzlich geschaffen. So geht das. Viele kleine Beträge addieren sich zu einer hohen Summe.

Sie fordern, der Rhein-Kreis solle in seine Ausgleichsrücklage greifen, um so seinen Haushalt auszugleichen. Der Rhein-Kreis sagt, das verbiete der Gesetzgeber. Diesen Widerspruch müssen Sie jetzt aufklären?

Thiel Wofür gibt es eine Ausgleichsrücklage, wenn sie nicht in Anspruch genommen werden kann? Aktuell geht es um 12,5 Millionen Euro. Um diese Summe würden wir die Städte und Gemeinden im Kreis entlasten. Der Rhein-Sieg-Kreis, der Rhein-Erft-Kreis sowie die Kreise Gütersloh, Kleve und Borken haben die Ausgleichsrücklage genutzt, um die Hebesätze der Kreisumlage niedrig zu halten. Diese Solidarität, die dort gelebt wird, wünsche ich mir auch vom Rhein-Kreis.

Hat Ihr Lieblingsprojekt RB 38, die Strecke von Grevenbroich nach Neuss zur S-Bahn auszubauen, Chancen?

Thiel Ich verstehe den Widerstand nicht. Der Raum Köln, inklusive Rhein-Erft-Kreis, unterstützt unsere Forderung. Der Rhein-Kreis sollte in Infrastruktur investieren, weniger in konsumtive Ausgaben.

Was haben Sie da vor Augen?

Thiel RWE ist bereit, zwei Drittel seiner Flächen am Silbersee abzugeben. Dieses interkommunale Gewerbegebiet müssen wir unterstützen. Die Anbindung an Schiene, Autobahn, Wasser ist bestens, vor allem mit dem angestrebten Autobahnanschluss Delrath sowie den Häfen Stürzelberg und Reizholz. Das ist ein hochinteressantes Projekt und wäre auch ein Zeichen für die Aluminium-Industrie im Neusser Süden. In dem Bereich darf es krachen und stinken. Das stört dort niemanden. Da sollten wir an einem Strang ziehen. Das wäre etwas. Da macht die Kreis-SPD gern mit.

Ludger Baten führte das Gespräch.

(NGZ/rl)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort