Konzert in Remscheid Tausendmal hat es „tick“ gemacht

Remscheid · Beim Philharmonischen Konzert gab es zur Eröffnung ein Stück mit 100 Metronomen von Ligeti. Cellist Bruno Weinmeister spielte Musik von Schönberg. Haydn-Sinfonie bildete den Abschluss eines kontrastreichen Konzerts.

 100 Metronome standen aufgereiht am vorderen Bühnenrand des Teo Otto Theaters.

100 Metronome standen aufgereiht am vorderen Bühnenrand des Teo Otto Theaters.

Foto: Roland Keusch

Diese Musik kann einem auf den Zeiger gehen. 100 Metronome stehen exakt aufgereiht am vorderen Bühnenrand des Teo Otto Theaters. Ein fulminanter Klangapparat, der innerhalb der nächsten zehn Minuten das musikalische Kommando übernimmt.

Drei Schlagwerker der Bergischen Symphoniker und Generalmusikdirektor Peter Kuhn stoßen die silbernen Zeiger der Metronome aus analogen Zeiten an. Ein unendliches Ticken schafft sich Raum. Sinnfreie Klänge, zunächst ohne erkennbare Muster. Anhäufung von Lärm, könnte man sagen. „Poème symphonique“ nennt der Komponist György Ligeti (1923-2006) dieses Werk aus dem Jahr 1963. Poetisch oder symphonisch ist an dieser Musik gar nichts. Das „Ticktack“ irritiert und lässt einen schmunzeln. Die Besucher tuscheln, zeigen auf Metronome und beobachten die Entwicklung der wankenden Zeiger.

Was vom Zufall geprägt erscheint, ist im Hintergrund aber sorgfältig programmiert. Jedes Metronom wurde auf einen eigenen Rhythmus eingestellt. Und das Klangbild verändert sich, je länger man die Geräuschwolke verfolgt. Gruppen von Rhythmen bilden sich, für einen Moment scheinen alle im Gleichschritt zu marschieren. Die Metronome am Rand machen als erste schlapp und pendeln wie in Zeitlupe aus. In der Mitte konzentrieren sich die Taktgeber, die am längsten durchhalten. Immer langsamer, immer weniger. Zum Finale halten sich nur noch vier Maschinen im Ticktack-Rennen, dann drei, dann zwei, dann eine, ticktack, ticktack und aus.

Es gibt Momente der Stille und Konzentration. Aber auch Augenblicke der Irritation. Ist das Musik oder kann das abgeschaltet werden? Ligetis Komposition vermittelt eine ungewöhnliche Erfahrung mit dem Klang, die nur ein Konzert bieten kann. Sie öffnet die Wahrnehmung für andere Klangräume. Ein intellektuelles Experiment, dem man am besten mit heiterer Gelassenheit beiwohnt. Im Remscheider Theater waren auch immer wieder einige Lacher zu hören.

Haydns Symphonie 101 trägt den Titel „Die Uhr“. Der Titel stammt nicht von ihm, sondern von früheren Haydn-Fans. Sie erklang nach der Pause. Es gibt einen kleinen Bezugspunkt zu Ligeti. In dieser geschmeidigen, aristokratischen Musik ertönen Passagen, in denen die Celli und Kontrabässe ganz ungerührt wie ein Uhrwerk ihren Stiefel weiterspielen und nicht auf die explosiven Momente der anderen Instrumentengruppen reagieren. Stoisch und glanzvoll wird mit dem Takt der Unendlichkeit die Passage grundiert. Das Orchester zeigt großes Gespür für Haydns wohltemperierte Vielfarbigkeit.

Schönbergs Konzert für Violoncello und Orchester funkelt durch seine vielen Ecken und Kanten. Der Cellist Bruno Weinmeister lässt sein Instrument wie ein wilder Harlekin in die Orchesterpartien springen, mal frech, mal heiter. Die Fratzenhaftigkeit von Schönbergs Musik bleibt ein tragendes Stilmittel, auch wenn es plötzlich ganz ruhig wird. Die Posaune ertönt und schubst das Cello an. Aufgeschreckt schwingt es sich zu neuen Akkordsprüngen auf. Weinmeister zeigt sich als Meister seines Instruments. Viel Applaus vom Publikum.

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