Heimat Per Mausklick in die Lintorfer Geschichte

Lintorf · Der Verein Lintorfer Heimatfreunde (VLH) gibt jährlich sein Jahrbuch „Die Quecke“ heraus: Viele Geschichten stammen aus der eigenen umfangreichen Sammlung. Archivar Dietmar Falhs hat alle Fotos, Quellen- und Zeitungstexte digital gespeichert – einiges davon im fiktiven Ordner „Giftschrank“.

 Dietmar Falhs und Barbara Lüdecke vom Lintorfer Heimatverein können mit wenigen Klicks nach Ereignissen der vergangenen Jahrzehnte suchen. Hier zeigen sie auf ein Bild des RP-Fotografen Reiner Klöckner von einem Feuerwehreinsatz.

Dietmar Falhs und Barbara Lüdecke vom Lintorfer Heimatverein können mit wenigen Klicks nach Ereignissen der vergangenen Jahrzehnte suchen. Hier zeigen sie auf ein Bild des RP-Fotografen Reiner Klöckner von einem Feuerwehreinsatz.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Regelmäßig hält Fotoarchivar Dietmar Falhs kurzweilige Vorträge mit vielen Fotos aus der Lintorfer Geschichte. Wie jüngst, als er Fotos von Reiner Klöckner im alten Lintorfer Rathaus präsentierte. Klöckner war viele Jahre als Zeitungsfotograf für die Rheinische Post unterwegs. In dieser Zeit hat er unzählige Fotos gemacht. Sie befinden sich heute im Stadtarchiv. Die Bilder sind ein unerschöpflicher Fundus der Entwicklung Lintorfs in der Zeit des Wirtschaftswunders. Klöckner hat die Veränderungen Lintorfs und die Geschichte der Menschen im Dorf akribisch dokumentiert.

Zur Vorbereitung auf solche Vorträge muss Falhs allerdings nicht mehr wie einst in alten Schuhkartons wühlen: Er speichert seit fünf Jahren alle gescannten Fotos und Zeitungsartikel als Excel-Datei auf seinem Laptop.

 Ein Bild aus der Arbeitswelt, etwa um 1920. Es zeigt eine der mächtigsten Eichen, die in den Lintorfer Wäldern gefällt wurde. Das war der Belegschaft des Sägewerkes ein Gruppenbild wert.

Ein Bild aus der Arbeitswelt, etwa um 1920. Es zeigt eine der mächtigsten Eichen, die in den Lintorfer Wäldern gefällt wurde. Das war der Belegschaft des Sägewerkes ein Gruppenbild wert.

Foto: RP/Verein Lintiorfer Heimatfreunde (VLH)

Ein Name, ein Thema, ein Ereignis  –  mit wenigen Klicks zaubert Falhs alle verfügbaren Quellen auf den Bildschirm. Sein Archiv ist eine wahre Fundgrube für die „Quecke-“Autoren und heimatkundlich Interessierte, aber auch für Ahnenforscher.

 Die Jonges haben bei ihren Wanderungen diesen rätselhaften Steinkreis an der Anger gefunden. Kann jemand bei der Aufklärung helfen?

Die Jonges haben bei ihren Wanderungen diesen rätselhaften Steinkreis an der Anger gefunden. Kann jemand bei der Aufklärung helfen?

Foto: RP/Ratinger Jonges

Das Archiv ist nur auf seinem Laptop gespeichert, mehrfach aber auf externen Festplatten gesichert. Es ist nicht übers Internet zugänglich. Das hat auch etwas mit den Rechten an manchen Fotos zu tun. Im Falle des RP-Fotografen liegen beispielsweise die Veröffentlichungsrechte beim Stadtarchiv Ratingen, das Klöckners Sammlung inklusive Negative übernommen hat.

Er arbeitete von 1953 bis 1989 für die RP, hinterließ geschätzte 350.000 schwarz-weiß Negative, die die Stadt 2001 kaufte. Auf Einladung des Stadtarchivs fand sich eine Gruppe Zeitzeugen zusammen, die die Fotos sichteten und zuordneten. Eine Digitalisierung soll folgen.

Als die Heimatfreunde begannen, ihre Bestände zu digitalisieren, nahmen sie für 5.000 Bilder und 2.000 Dias professionelle Hilfe in Anspruch. Heute habe man 120.000 Objekte in der Datenbank, berichtet Falhs nicht ohne Stolz.

Viele Dokumente und Fotos sind jedoch „rechtefrei“ und können ohne Erlaubnis veröffentlicht werden: Einen Großteil davon kann man daher im Internet auf der Facebook-Seite der Heimatfreunde bewundern. Immer wieder macht Falhs neue Themenseiten auf.

Schaut man auf die „Likes“ und Kommentare, stößt dieses Angebot auf viel Interesse. Manch ein Senior habe sich eigens einen Facebook-Account eingerichtet (oder einrichten lassen), um auf die historischen Bilder zugreifen zu können, weiß auch Vorsitzende Barbara Lüdeke.

Auf besonderes Interesse stößt die Bildersuche, wenn selbst die Profis nicht so genau wissen, wen oder was sie da auf vergilbtem Baryt-Fotopapier  vor sich haben. So ist man noch auf der Suche nach etlichen Namen zu einem Gruppenbild der „Rocker“ aus Breitscheid: Es zeigt zünftig gekleidete Motorradfahrer des Motorradclubs AWD (August Wurring, Düsseldorf) auf der Fähre in Kaiserswerth um 1930.

Der Weg über Facebook hat sich wie bei den Kollegen vom Heimatverein Ratingen als wahre Fundgrube erwiesen: Viele Hinweise kommen aus der geneigten Leserschaft. Vielleicht erkennt sich ja jemand auf alten Gruppenfotos wieder, die Falhs auf der FB-Seite hochgeladen hat (unter Alben, Fundkiste Gruppenbilder).

Bei einigen Dokumenten aber lässt man aber höchste Vorsicht gelten: Zum Beispiel, wenn es um Ereignisse und Namen aus der Zeit des Nazi-Regimes  geht oder um in Briefen dokumentierte „Mauscheleien“ im beschaulichen Lintorf längst vergangener Tage. Für Historiker zum Beispiel öffnet Falhs aber gerne den „Giftschrank“.

Das Excel-Format habe man gewählt, weil es weitverbreitet sei: „Das wird auch in vielen Jahren lesbar sein“.

Neben der schnellen Auffindbarkeit biete die Digitalisierung aber noch einen weiteren Vorteil gegenüber sperrigen Ordnern und losen Karteikartensammlungen, so Falhs: „Wenn ein Karteikasten runterfällt, ist das wie ein Plattencrash. Alles durcheinander.“

Auch die Jonges sind manchmal auf der Suche nach Zeitzeugen: So würden sie gerne wissen, was es mit einem rätselhaften Steinkreis an der Anger auf sich hat, den sie bei ihren Wanderungen gefunden haben. Falhs vermutet übrigens, dass es sich um einen Aussichtspunkte handeln könnte, der vor vielen Jahren dort einmal angelegt wurde.

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