Ratingen Museum eröffnet seine Kunstabteilung

Ratingen · Ab Sonntag zeigt das Haus an der Grabenstraße Malerei des 20. Jahrhunderts aus eigener und privater Sammlung.

 Museumsleiterin Alexandra König hat sich bei der Hängung um interessante Blickwinkel bemüht: Links ein künstlerischer Befreiungsschlag von Peter Brüning, rechts ein dieses Prinzip fortsetzendes Bild von Barbara Heinisch.

Museumsleiterin Alexandra König hat sich bei der Hängung um interessante Blickwinkel bemüht: Links ein künstlerischer Befreiungsschlag von Peter Brüning, rechts ein dieses Prinzip fortsetzendes Bild von Barbara Heinisch.

Foto: achim blazy

Gleich zwei Premieren gibt es am Sonntag im Stadtmuseum: Erstmals öffnet die neue Kunstabteilung im Obergeschoss ihre Pforten fürs Publikum — und erstmals werden in Ratingen Arbeiten aus der Sammlung des Düsseldorfer Anwalts und Kunstfreundes Felix Ganteführer gezeigt, die das Haus seit Anfang 2012 beherbergt, für zehn Jahre und ohne finanziellen Aufwand für das Museum, wie Leiterin Alexandra König betont.

Ein Glücksfall für Ratingen, denn die als "Juwel zeitgenössischer Kunst" geltende Sammlung, die auch schon in Solingen, Hamm und Lübeck Station machte, besteht aus deutscher Malerei und Skulpturen der 80er Jahre und ihren unmittelbaren Vorläufern — und korrespondiert bestens mit dem modernen Kunstbestand (rund 750 Werke) des Stadtmuseums. Diese Verzahnung hat Alexandra König zum roten Faden der ersten Ausstellung gemacht, die Arbeiten aus beiden Sammlungen zusammenführt.

Ausgangspunkt ist der künstlerische Platzhirsch, der Informelkünstler und Akademieprofessor Peter Brüning (1929-1970), der in Ratingen lebte und arbeitete und wie manch einer vor, mit und nach ihm um die Befreiung der Malerei aus konventionellen Fesseln rang — mit dynamischen, abstrakten Kreide- und Pinselstrichen, später auch mit kartographischen Zeichen. Im Ratinger Museum trifft er auf Gleichgesinnte — auf Gerhard Hoehme und Bernard Schultze, wie Brüning Mitglieder der 1953 gegründeten "Künstlergruppe Niederrhein", auf seinen Freund Cy Twombly, unter dessen Einfluss Brüning seinen Stil veränderte, auf seinen Schüler Felix Droese und auf eines seiner Vorbilder, den Maler Fritz Winter, der zu den wichtigsten abstrakten Künstlern der Nachkriegszeit zählt. Sein Bild "Zeichen vor Grün" von 1953 ist auf den Plakaten zu sehen, die in der Stadt für die Ausstellung werben. Auf der Etage und im Erdgeschoss wird deutlich, wie die Sprengkraft des Informel den Weg bis hin zu den jungen Wilden bahnte. Augenfällig der Anspruch, die Grenzen der Leinwand zu überwinden: Bei Gerhard Hoehme baumeln Schnüre aus dem Bild, Gotthard Graubner formt Bilder zu Kissen, auf denen man ausruhen möchte, bei Günter Uecker wird das Bild zum Relief — harte Nägel zu erstaunlich sanften Strukturen arrangiert. Was Uecker mit Nägeln an Raum gewinnt, besorgt Gustav Kluge mit dick aufgetragenen Farben, die seine Arbeit "Der Schauspieler" in den Zwischenraum von Malerei und Relief stellen. Brüning-Schüler Felix Droese hat den "Lebenslauf einer Spinne" großformatig inszeniert — als Kombination aus Malerei und Bastelarbeit mit einem gerahmten Bild im Bild und einer echten Spinne hinter Plastik. Es gibt also bis zum 4. August viel zu sehen an der Grabenstraße — auch Emil Schumacher, Ulrich Erben, Adolf Luther, Hann Trier und als lokalen Akzent Erika Riemer-Sartory, zuhause in Ratingen und Düsseldorf.

(RP/ac)
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