Ratingen/Heiiligenhaus Großes Herz für Kinder aus Tschernobyl

Ratingen/Heiiligenhaus · Seit 23 Jahren organisiert Gabi Slotta ehrenamtlich Urlaube für Jungen und Mädchen. Helfen ohne zu zögern ist ihr Ding.

Es soll ein Hausfrauen-Spruch sein, der da wie folgt kolportiert wird: "Kommen sie gern rein, aber schauen sie sich bitte nicht um." Gemeint ist Gastfreundschaft bei unerfülltem Ordnungswunsch. Doch das käme bei Gaby Slotta überhaupt nicht in die Tüte - Gastfreundschaft schon, zwanghaftes Aufräumen allerdings nicht. Gegenwärtig schon gar nicht. Sie hat nämlich wieder einmal für ein paar Wochen ihr Haus umgekrempelt, um nur freundlich, hilfsbereit, gut gelaunt und liebevoll zu sein. Und das gelingt ihr seit 23 Jahren mit ihrer Aktion Tschernobyl.

Inzwischen geht ihr und ihrem Ehemann Gerd die Organisation der Wohltätigkeit gut von der Hand, wenngleich es immer wieder eine Herausforderung ist, eine große Gruppe von Jungen und Mädchen aus Kiew/Tschernobyl für drei Wochen in Heiligenhaus zu erfreuen, zu unterhalten, ihnen ein zeitweises Heim zu geben. Gaby Slotta ist in Essen geboren, hat nach der Schule eine Ausbildung zur Bürokauffrau gemacht, gerne in dem Beruf gearbeitet - alles unaufgeregt, wenig spektakulär. Als junges Mädchen war sie in der Pfarrei Bedingrade aktiv, konnte schon da gut zupacken, wenn in Kinder- und Jugendgruppen etwas auf die Reihe gebracht werden sollte. Sie hatte Spaß an dem, was man immer "Jugendarbeit" nennt.

Mit 24 Jahren heiratet sie, gibt ihren Job nach der Geburt des ersten Kindes auf. Inzwischen wohnt das Ehepaar in Unterilp. Sie erwartet ihr zweites Kind, als sich das grauenvolle Unglück in Tschernobyl ereignet - ist beunruhigt, wie die Welt überhaupt, wie Schwangere im Besonderen.

Im Jahr 1992 brachte dann der damalige Pastor von St. Ludgerus, Anton Lodziana, eine erste Reise ukrainischer Kinder nach Heiligenhaus auf die Beine. Es drehte sich damals - wie heute - nicht darum, kranken Kindern eine medizinische Behandlung zukommen zu lassen, es ging darum, Jungen und Mädchen aus einem Krisengebiet einen Urlaub zu spendieren. Und das war - damals wie heute - Gaby Slottas Ding. Weil sie nicht gefühlsselig durch die Gegend geht, sondern mit einer offenbar angeborenen Herzlichkeit weiß, wie altersgemäßes Entertainment ablaufen kann. Gelernt ist gelernt: Die Zeit als Ehrenamtliche in der Kirche zahlte sich aus. Und ihre Arbeit in der Reiseabteilung ihrer ehemaligen Firma bescherte ihr unverzichtbare Fertigkeiten im Planen und Organisieren - auch über Grenzen hinaus.

Egal, in welche Richtung man sie fragt, die Heiligenhauserin kommt irgendwie immer wieder auf das Zentralthema ihres Lebens zu sprechen, auf die Betreuung der ukrainischen Kinder. Für die drei Wochen, die sie jährlich hier verbringen, nehmen die Elf- bis 15-Jährigen natürlich immer eine strapaziöse Busfahrt in Kauf, wissen aber, was sie an Schönem hier erwartet.

Die Organisatorin beschreibt sich als "an politischen Dingen interessiert", nicht mehr, nicht weniger. Sie verfolgt Entwicklungen in den Nachrichten und kann sich nach gut zehn Gegenbesuchen in den Familien ihrer Schützlinge schon ein Bild von dem machen, wie es damals war und nun ist. Doch immer ist es ihr mehr um die Gäste gegangen als um die Umstände, die ihnen zu Hause begegnen.

Die Slotta-Kinder wurden immer in die internationale Begegnung integriert, die Finanzierung wird unter anderem durch Verkaufsstände bei Stadtfesten unterstützt. Auch das unterstützt die eigene Familie ganz liebevoll. Eine Vielzahl von treuen Sponsoren ist bislang bei der Stange geblieben. Und der Bundespräsident ließ den Verdienstorden überreichen. Gaby Slotta lässt vermutlich auch nicht locker, wenn es ums Geldsammeln geht. Wobei ihr vermutlich Freundlichkeit und Sendungsbewusstsein unglaubliche Hilfe sind.

Sicher ist auch sie nicht immer ohne Zipperlein und auch etwas Müdigkeit - aber sie hält wacker mit, wenn's ums Bespaßen geht: Besichtigungen und shoppen (mit spendierten Gutscheinen), kegeln, grillen, reiten und Besuche im Waldkletterpark - Kinder wie Gasteltern müssen ganz schön stabil sein, wenn sie das volle Programm durchziehen wollen. Heute zum Beispiel wird "im kleinen Kreis" gefeiert, und das sind immerhin 80 Personen.

Und was tun die Gastkinder am liebsten in Heiligenhaus: ins Schwimmbad gehen.

(RP)
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