Radevormwald Wie es sich anfühlt, behindert zu sein

Radevormwald · Schüler der Grundschule Lindenbaum erlebten gestern am eigenen Leib, was es heißt, im Leben eingeschränkt zu sein.

 Nicht sehen können, keine Orientierung haben, das ist für Nicht-Blinde beängstigend. Hier zeigt Helga Martin-Bergfeld der Schülerin Amira, wie man sich ohne Sicht zurechtfindet.

Nicht sehen können, keine Orientierung haben, das ist für Nicht-Blinde beängstigend. Hier zeigt Helga Martin-Bergfeld der Schülerin Amira, wie man sich ohne Sicht zurechtfindet.

Foto: Jürgen Moll

Wie fühlt es sich an im Rollstuhl zu sitzen, blind Fahrrad zu fahren oder ein Treppenhaus mit einer Gehbehinderung zu bewältigen? Alle Schüler der katholischen Grundschule Lindenbaum bekamen gestern einen Einblick in einen "ganz normalen Tag" von Menschen mit Behinderungen. Die Aktion der Weik-Stiftung findet alle vier Jahre in der Grundschule statt und hinterlässt bei den Erst- bis Viertklässlern einen bleibenden Eindruck.

"Die Kinder erleben heute Behinderungen und können sich in die Lage von Menschen, die jeden Tag mit Einschränkungen zurechtkommen müssen hineinversetzen. Das macht sie aufmerksamer und verständnisvoller", sagt Schulleiterin Barbara Janowski. Sie und ihr gesamtes Kollegium wurden gestern nicht nur von 18 Helfern der Weik-Stiftung unterstützt, die den gesamten Tag finanziert, sondern auch von zahlreichen Eltern. Sie halfen mit, die neun verschiedenen Stationen zu betreuen, und waren für das Mittagessen des Tages zuständig.

Thalia, Tom und Mara gehen alle in die 3a und versammelten sich nach der ersten großen Pause in der Aula der Schule. Dort informierte Aggi Wiggers über das Leben im Rollstuhl und erklärte auch, dass Sport trotz Rollstuhl möglich ist. Alle Mädchen und Jungen überzeugten sich selber von der Beweglichkeit des Fortbewegungsmittels und übten ihre ersten Rollstuhl-Manöver. "Man kann sich das schwer vorstellen, dass manche Menschen hier immer drin sitzen", sagt Tom.

Während die Drittklässler sich an den Rollstuhl gewöhnten, testeten Alessio und Jonas aus wie Blinde ihre Umwelt wahrnehmen. "Wir haben eine Maske aufgesetzt und wurden dann auf einem Tandem über den Schulhof gefahren. Das hat sich total komisch angefühlt", sagt Alessio.

Jonas beschreibt das Gefühl als "orientierungslos". Niklas war besonders beeindruckt von der Station, an dem die Kinder mit Gewichtswesten Klettergerüste besteigen sollten. "Wenn man zehn Kilo mehr wiegt, ist man unbeweglich und alles ist anstrengend", sagt er. "Aber dafür kann man schneller rutschen", ergänzt Alessio.

An den anderen Stationen des Tages konnten die Schüler Übungen für Gehörlose oder Armverletzte ausprobieren. Beeindruckend fanden viele den Orientierungslauf für Blinde. "Nach diesem Tag werden die Kinder mehr auf Blindenleitsysteme in Innenstädten achten und ihre Bedeutung verstehen", sagt Monika Duchene. Die Lehrerin hat den Tag federführend organisiert und es geschafft, dass der Projekttag zu einem Gemeinschaftserlebnis wird. "Das fängt bei den T-Shirts an und hört bei dem gemeinsamen Mittagessen auf. Wir lernen heute alle viel und werden sensibler für unser Umfeld."

(trei)
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