Radevormwald "Wenn es Gott gibt, ist nichts unmöglich"

Radevormwald · Der 28-jährige Benjamin Kalkum von der katholischen Gemeinde St. Marien und Josef wird morgen in Neuss zum Diakon geweiht. Beim Weltjugendtag 2005 in Köln hat es bei ihm "klick" gemacht.

Der 28-jährige Benjamin Kalkum ist eigentlich ein typischer junger Mann seiner Generation: Zwar wurde er christlich erzogen, sein Vater ist Gemeindereferent in der katholischen Pfarreiengemeinschaft Rade-Hückeswagen, und doch war er als Jugendlicher seinem Kinderglauben entwachsen.

Als kritischer Geist hinterfragte er die Dinge: "Das fing damit an, dass man irgendwann nicht mehr ans Christkind glaubt, und endete mit intensiven Überlegungen zur Evolutions-Biologie", sagt er. Für den Schritt von einem, wie Kalkum selbst sagt, "sehr oberflächlichen Glauben" hin zum Priesteramt, gab es ein Schlüsselerlebnis, das ihn nachhaltig beeindruckt hat: der Weltjugendtag 2005 in Köln.

"Was ich da erlebt habe, hat mich wieder neugierig auf die Kirche gemacht", sagt er. Auf den Weltjugendtag hatte er sich in der Gemeinde intensiv vorbereitet. Die Weltkirche war vor der Haustüre zu Gast - das war anders als die sprichwörtliche Kirche im Dorf, die er bisher kannte. "Das war so groß, mich hat interessiert, was diese über eine Million junger Menschen aus der ganzen Welt antreibt", versucht Kalkum zu beschreiben. "Die waren alle so viel gläubiger als ich, das hat mich zum Nachdenken gebracht." Dieses Nachdenken mündete nach dem Zivildienst im Rader Krankenhaus in dem Entschluss, an der Universität Bonn Theologie zu studieren.

Zum Uni-Start wollte der neue Diakon aber in erster Linie in der Gemeindearbeit tätig sein: "Ich hatte eine Freundin, und auch wenn ich viele tolle Priester kennengelernt hatte, war ich weit davon entfernt, selbst einer werden zu wollen", sagt er. Das änderte sich jedoch nach dem Vordiplom. Da war Kalkum für sieben Monate in Argentinien und arbeitete mit obdachlosen und straffällig gewordenen Jugendlichen.

Dadurch veränderte sich etwas in dem jungen Mann: "Ich habe mich dort selbst besser kennengelernt", sagt er nachdenklich. In ihm wuchs ein Wunsch heran, dem er sich nach der Heimkehr aus Südamerika stellen musste: "Mir war klar geworden, dass ich mir früher oder später die Frage stellen würde: Will ich Priester werden?" Berufliche Alternativen wie Marketing oder Betriebswirtschaft hatte er längst ad acta gelegt.

Anderthalb Jahre später, im Jahr 2011, war es dann soweit. Benjamin Kalkum ging ins Priesterseminar - und zieht dazu einen interessanten Vergleich: "Das ist so, als ob man mit der Freundin zusammenzieht. Um zu sehen, ob man wirklich fest zusammenleben will." Das Priesteramt als eine Art Ehe mit der Kirche? "Das Seminar ist eine Prüfung, einen Heiratsantrag hat da aber noch keiner gestellt", sagt er und schmunzelt. Seine praktische Ausbildung absolviert er in Köln-Sülz. Dort wird er bis zum Sommer 2016 bleiben, ehe er auf einer ersten Stelle als Kaplan eingesetzt wird.

Vertrauen in Gott ist für Benjamin Kalkum die wichtigste Triebfeder seines Glaubens. Dabei ist er realistisch genug, wenn es um die Einschätzung seines Berufs geht: "Ich weiß, dass es nicht immer einfach sein wird. Und keiner kann in die Zukunft schauen. Aber wenn es Gott gibt, ist nichts unmöglich." Dazu passt die Geschichte von Jesus und Petrus auf dem See aus dem Matthäus-Evangelium, die sich die angehenden Diakone für ihre Einladungskarten zur Weihe ausgesucht haben: "Wenn ich vertraue, dann kann ich auf dem Wasser gehen", sagt Kalkum. Und wenn man ihm zuhört, klingt das Unmögliche tatsächlich ganz plausibel.

Auf seinem großen Tag morgen hat sich Benjamin Kalkum mit Schweigeexerzitien in Köln vorbereitet. In der Kirche St. Marien wird er zusammen mit fünf Mit-Seminaristen zum Diakon geweiht; 2015 wird die Priesterweihe folgen.

So. 15. Juni, 16 Uhr, St. Marien, Neuss, Marienkirchplatz 30.

(RP)
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