Rhein-Kreis Neuss Wiedersehen mit den "Neusser (Pontocs)"

Rhein-Kreis Neuss · Vor 50 Jahren hat die Kultband "Die Neusser (Pontocs)" mit ihrem Auftritt bei der Erstauflage des Burg-Waldeck-Festivals Musikgeschichte geschrieben. Nun gaben die Musiker ein umjubeltes Konzert im Grevenbroicher Museum Villa Erckens.

Die musikalische Weltreise beginnt mit einem Klimpern auf dem Klavier. Von den meisten Besuchern unbemerkt, steht Hans-Dietrich "Bömmes" Mohr ganz hinten im abgedunkelten Raum. Zwei, drei Mal betätigt er eine Taste des dort stehenden Klaviers, dann geht es auf die Bühne. Einen Abend lang gibt die Kultband "Die Neusser (Pontocs)" — bestehend aus Bömmes, Black, Goly und Panther — im Museum Villa Erckens in Grevenbroich ein umjubeltes Konzert. Welch großen Seltenheitswert es hat, wird gleich zu Beginn klar. "Bis auf zwei Ausnahmen haben wir nie ein solch abendfüllendes Programm gespielt", sagt Bömmes. "Diese Auftritte sind lange her. Der eine war Ende der 50er Jahre im Neusser Zeughaus, der andere am 17. September 1964 im Düsseldorfer Malkasten." Da ist das Museum Villa Erckens in guter Gesellschaft.

Die Pontocs sind eine Band, die bundesrepublikanische Kulturgeschichte mitgeschrieben hat. Einst in Neuss von Schulfreunden gegründet, spielten sie vor 50 Jahren bei der Erstauflage des legendären Burg-Waldeck-Festivals, die in Deutschland als die Geburtsstunde der Liedermacher gilt. Grundgedanke war es, die Entwicklung von Chansons, Folk und zeitgenössischen Bänkel-Liedern in Deutschland voranzutreiben. Für Künstler wie Franz-Josef Degenhardt, Reinhard Mey und Hanns Dieter Hüsch waren die Festivals ein wichtiges Karriere-Sprungbrett.

Ein halbes Jahrhundert danach treten die Pontocs in der ausverkauften Villa Erckens auf. Dort beschwören sie den Geist von einst und heute herauf. Vom Grevenbroicher Kulturamtsleiter Stefan Pelzer-Florack als "Lange Nacht der Liedermacher" organisiert, nimmt das Konzert die Besucher auf einen Streifzug durch die Zeit und rund um den Globus mit. Es gibt Bellman-Lieder ("Movitz' Schwindsucht"), spanische Weisen, ein argentinisches Weihnachtslied und afrikanische Folklore zu hören. Da wird der Kilimandscharo derart betörend besungen, dass der draußen vor der Villa am Himmel stehende Mond für einen Moment wie die Schneespitze des afrikanischen Berges erscheint. Kurz darauf geht es in die Weite Südamerikas; der Drang, die Sehnsucht nach Freiheit zieht sich durch die musikalische Weltreise der Pontocs wie ein Abenteurer-Treck um den Globus. Zwischendurch garnieren Bömmes und Lothar "Black" Lechleiter das Programm mit Eigenkompositionen, die Brüder Günther ("Panther") und Wolfgang ("Goly") Münchrath runden das Pontocs-Paket perfekt ab.

Immer wieder sind dabei der Zeitgeist der frühen 1960er Jahre und die Geburtsstunde der Burg-Waldeck-Festivals spürbar. Das liegt zum einen an dem kurzen Interview, das Stefan Pelzer-Florack vor Beginn des Pontocs-Konzerts mit dem heutigen Organisator des Festivals, Jacky Jacobi-van Beek, führte. Zum anderen erzählen die Pontocs während ihres Auftritts selbst gerne, wie es damals gewesen ist. Von den Anfängen über die zunehmende Politisierung der Szene bis ins Hier und Jetzt. Von zu früh verstorbenen Freunden wie dem Liedermacher Peter Rohland — er starb 1966 im Alter von nur 33 Jahren — und den eigenen Lebensläufen, die die Pontocs immer wieder auseinander- und dann doch wieder zusammengetrieben haben.

Der Deutschlandfunk hat das Konzert aufgezeichnet und strahlt es am Freitag, 9. Mai (Beginn: 21.05 Uhr), aus. Zudem soll es als CD veröffentlicht werden.

(NGZ)
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