Tag des offenen Denkmals in Neuss Warum die Pauluskirche ein Denkmal ist

Neuss · „Entdecken, was uns verbindet“ lautet dieses Jahr das Thema beim „Tag des offenen Denkmals“. Weckhovens Kirche ist erstmals dabei.

 Rafael Villena ist selbst Architekt und von der Weckhovener Pauluskirche ganz begeistert.

Rafael Villena ist selbst Architekt und von der Weckhovener Pauluskirche ganz begeistert.

Foto: Georg Salzburg(salz)

Die St.-Paulus-Kirche in Weckhoven ist mit ihrer besonderen Architektur eine Anlaufstelle für Interessierte – nicht nur aus der Region. Am Sonntag, 9. September, ist die Kirche zum ersten Mal ein Veranstaltungsort beim „Tag des offenen Denkmals“, der größten Kulturveranstaltung Deutschlands.

In Neuss stehen sechs Veranstaltungen im Mittelpunk. Interessierte Bürger können den Botanischen Garten, das Drei-Fenster-Haus, den ehemaligen Wasserturm, zwei alte Wohnhäuser und die St.-Paulus-Kirche in Weckhoven besuchen. Die Teilnahme an den Veranstaltungen ist kostenfrei.

Die St.-Paulus-Kirche gehört zum Seelsorgebezirk der vier „Apostel-Gemeinden“ und wurde nach einem Entwurf des Architekten Fritz Schaller in Zusammenarbeit mit dem Tragewerkplaner Professor Stefan Polónyi in den 1960er Jahren erbaut. Neue Berechnungsverfahren im Ingenieursbau und der Einsatz des Computers ermöglichten die Umsetzung einer anspruchsvollen Zelt-Optik – ohne Stützpfeiler im Innenraum.

Mit dem ersten Spatenstich am 5. Juni 1966 begann die zweijährige Bauzeit. Eine Herausforderung auch für das Neusser Bauunternehmen Gürtler. Rund 17.000 Kubikmeter Raum mussten umbaut werden. In den Jahren 1966 bis 1969 war auch der Ortsteil Weckhoven im Umbruch, er entwickelt sich zu einer Trabantenvorstadt mit etwa 9000 Einwohnern, die alte St.-Josef Kirche, die 1901 erbaut wurde und der Stolz der Bewohner des alten Dorfes war, wurde so auf Dauer zu klein. Es entstand eine neue Kirche für mehr Besucher, deren Erscheinung der  Papierfalttechnik „Origami“ ähnelt. Im Gegensatz zu anderen Betonkirchen aus der Nachkriegszeit wirkt sie wie ein großes Zelt, angelehnt an den Zeltmacher-Beruf des Patrons Paulus. Keine Burg mit dicken Mauern, die von der Außenwelt abschotten soll, sondern leicht und geräusch- und lichtdurchlässig.

Mit einer nur sieben Zentimeter dicken Betonwand, die außen mit Kupferplatten verkleidet wurde, ist sie ein architektonisches Meisterwerk der damaligen Zeit und steht im Kontrast zur neoromanischen St.-Josef-Kirche. „Architektur- und Kunststudenten kommen, um sich die St.-Paulus-Kirche anzuschauen, weil die Bauweise so besonders ist. Auch einen Kunstverein aus Bremen hatten wir schon hier“, erzählt Rafael Villena, Architekt und Mitglied des Kirchenvorstands. er gehört zu den Helfern, die am Sonntag Besucher durch die Kirche führen.

Der Innenraum der Kirche ist als Saal ohne Stützen konstruiert, die Innenflächen des Faltwerks wurden in Sichtbeton belassen. Als einziges Fenster in der Fassade befindet sich ein Dreiecksfenster über dem Altar. Das Dreieck gilt als Symbol der göttlichen Dreifaltigkeit. Zwei schmale Fensterbänder an den Seiten, zwei kleine Dachfenster im Altarbereich und längs gerichtete Oberlichtbänder im Dach, über die Licht von oben einfällt, sorgen für zusätzliche Helligkeit. Der Glockenturm, der 40 Meter in den Himmel ragt, folgte nach Auseinandersetzungen zwischen der Gemeinde und Fritz Schaller, erst 1970. Er scheint äußerlich aus demselben Betonfaltwerk zu bestehen, doch aus Beton ist nur die untere Hälfte – der obere Teil ist im Inneren eine Holzkonstruktion. Auf dem Turm wurde ein hohes Kreuz,  sowie Bilder von Mensch, Löwe, Stier und Adler platziert, die die vier Evangelisten symbolisieren.

Auf dem nahezu quadratischen Grundstück der Kirche befinden sich zudem ein Pfarrhaus, ein Jugendheim und eine Bibliothek. Zudem grenzt ein Friedhof an das Grundstück. Die St.-Paulus-Kirche bietet für 400 Personen Platz – an einem durchschnittlichen Sonntag kämen 150 bis 200 Besucher in die Messe erzählt Villena etwas wehmütig.

Die St.-Paulus-Kirche in der Maximilian-Kolbe-Straße 13 ist am „Tag des offenen Denkmals“ von 15 Uhr bis 18 Uhr geöffnet. Führungen finden durch den Kirchenbauverein nach Bedarf statt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort