Training bei der TSG Quirinus Neuss Vor, zurück und seitwärts ran...

Neuss · Eine Übungsstunde mit den Profis: NGZ-Mitarbeiterin Elisabeth Keldenich mischte sich beim Training unter die Tänzer der Tanzsportgemeinschaft Quirinus Neuss und merkte schnell, dass dort hart gearbeitet wird.

 Tja, wenn das mal alles so einfach wäre: NGZ-Mitarbeiterin Elisabeth Keldenich versucht, die Schrittfolge, die der Trainer vorgibt, nachzumachen.

Tja, wenn das mal alles so einfach wäre: NGZ-Mitarbeiterin Elisabeth Keldenich versucht, die Schrittfolge, die der Trainer vorgibt, nachzumachen.

Foto: Dieter Staniek

So schwer kann das doch jetzt nicht sein. Ich blicke auf die Füße des Tanztrainers, der direkt vor mir steht – und lieber nicht in den großen Spiegel wie die anderen, denn das verwirrt mich komplett. Also, rechter Fuß nach vorne, nach links ziehen, dann drehen, mit dem linken Fuß wieder zurück. Wieso passen meine Schrittkombinationen nicht zu dem, was die anderen machen?

Ich bin zum ersten Mal beim lateinamerikanischen Formationstanz der Tanzsportgemeinschaft (TSG) Quirinus Neuss und im Laufe einer halben Stunde steigt mein Respekt vor den 16 Tänzern (acht Paare) und ihren zwei Trainern ins Unermessliche. Das ist richtiger Leistungssport und sieht nur von außen harmlos aus. Im Vorfeld habe ich mich bei Trainer Andreas Hellendahl vorsichtig erkundigt, in welchem Aufzug ich am besten erscheine. „Leichte Sportkleidung, leichtes, aber festes Schuhwerk, Handtuch und Wasser“, ist sein Rat. Handtuch? Ja, das werde ich brauchen, denn nachdem ich in der großen Trainingshalle hinter dem Theater am Schlachthof eingetroffen bin, gibt es erst mal ein „bisschen“ etwas zum Aufwärmen. Die Tanzsportler empfangen mich gut gelaunt und wir marschieren zunächst entspannt zur flotten Musik im Kreis herum.

Aber dann – auf Kommando von Andreas Hellendahl geht es in die Liegestütze. Die habe ich bestimmt über vierzig Jahre nicht gemacht. Eigentlich dachte ich ja, der schulische Sportunterricht sei endgültig vorbei, aber nun fühle ich mich wie in einer Zeitkapsel. Hellendahl legt die Hand auf meinen Rücken, während ich mich bemühe, nicht auf den Boden zu krachen: „Den Rücken gerade, das entlastet“, meint er. Anschließend werden noch ein paar Runden in Tanzschritten gehüpft, immer wieder unterbrochen von Liegestützen. Da bin ich aber froh, dass ich unbedingt etwas mit dem inzwischen eingetroffenen Fotografen besprechen muss. Das Handtuch kommt erstmalig zum Einsatz, denn der Schweiß läuft mittlerweile in Strömen – allerdings, wie ich feststelle, nur bei mir.

Später meint Trainer Dirk Neisius: „Sie haben ja fast durchgehalten. Das Warm-up ist übrigens das Schlimmste!“ Von wegen. Denn nun tanzt er vor dem riesigen Spiegel langsame Sambaschritte vor, unterlegt mit passender Musik. Die Formationstänzer machen in mehreren Reihen hintereinander das Gezeigte nach. Fehlerlos – ich nicht, denn es ist doch sehr schwierig, ohne Vorkenntnisse die Schrittfolge einzuhalten. Doch dann geht es richtig ans Eingemachte: Paso Doble. Frauen und Männer teilen sich auf. Andreas Hellendahl übernimmt die Frauen und führt zunächst langsam, dann immer schneller die vom ihm erdachte Choreographie vor. Obwohl ich direkt neben ihm bin, ist das korrekte Nachtanzen schwer. Schließlich ergreift Hellendahl meine Hand und tanzt mit mir gemeinsam. Das klappt schon besser, auch wenn ich manchmal den rechten und linken Fuß verwechsle. Von der schmissigen Musik bekomme ich eigentlich nichts mit, weil ich mich total auf die Schrittfolgen konzentriere. Nach zwanzig Minuten bin ich in Schweiß gebadet und greife erneut zu Handtuch und Wasser. Vereinsvorsitzender Michael Heckner lobt: „So schlecht waren Sie gar nicht!“. Naja. Ich kam mir eher vor wie ein tanzendes Nilpferd. Da schaue ich lieber den Sportlern zu, die jetzt paarweise den Paso Doble tanzen und das Gelernte zusammensetzen. Manche tragen Schuhe mit flachen Absätzen, einige Damen aber auch richtige High Heels. Von außen betrachtet sieht das Ganze sehr leicht aus. Es tröstet mich, dass nun auch bei den Tänzern der Schweiß in Strömen fließt.

In der Pause strahlen aber alle und sprechen über ihr Hobby: „Das gibt starke Energie“, erklärt Barbara Dohnes und Ralf Schwittalla ergänzt: „Wir genießen innerhalb der Mannschaft ein gutes Wir-Gefühl und verfolgen alle das gleiche Ziel!“ Und das kann sich sehen lassen: Die Gruppe ist aktuell in die zweite Bundesliga West aufgestiegen. Die Altersspanne der Teilnehmer liegt zwischen 21 und 44 Jahren. Und mit 30 zählt man schon zu den Alten, erfahre ich. Dann gehöre ich zur Fraktion der Uromas – kein Wunder, dass ich zwei Tage später heftigen Muskelkater habe. Doch die Erinnerung an das gemeinsame Tanzen und die Herzlichkeit der Teilnehmer zählt mehr. Und ich verstehe den Spruch, der die Halle ziert: „Tanzen ist wie Träumen mit den Füßen“.

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