Moers Ein neues Bekenntnis autobiografischer Art

Moers · Das Schlosstheater stellte beim "Literarischen Frühstück" den autobiografischen Roman des Politikers Cheikh Hamidou Kane vor.

 Marieke Kregel und Patrick Dollas ließen die Jugendgeschichte des Aristokratensohnes Cheikh Hamidou Kane lebendig werden.

Marieke Kregel und Patrick Dollas ließen die Jugendgeschichte des Aristokratensohnes Cheikh Hamidou Kane lebendig werden.

Foto: Klaus Dieker

Drei Abschnitte prägen das Leben des jungen Senegalesen Samba Diallo, zuerst die frühkindliche Erziehung in einer strengen, afrikanischen Koranschule, später der Wechsel auf eine den Werten der französischen Kolonialmacht verpflichtete, sogenannte "normale" Schule" und schließlich ein Studium der Philosophie und des Rechts an der Pariser Sorbonne. Jeder Abschnitt verändert ihn, seinen Glauben ebenso wie seine kulturellen Wurzeln, bis er am Ende nicht mehr weiß, wer er ist und wo er hingehört. "Der Zwiespalt des Samba Diallo", der 1961 erschienene autobiografische Roman des späteren senegalesischen Politikers Cheikh Hamidou Kane bildete gestern den Inhalt des nunmehr vierten "Literarischen Sonntagsfrühstücks" zum Thema "Bekenntnisse autobiografischer Art" im Studio des Schlosstheaters Moers, und wie immer war auch diese Lesung wieder bis auf den letzten Platz ausverkauft.

Was nicht verwundert, denn die meist von zwei Ensemblemitgliedern des Schlosstheaters zu verschiedenen literarischen Themenreihen durchgeführten und mit kleinen szenischen Beiträgen angereicherten Frühstückslesungen sind schon lange kein Geheimtipp mehr. Nachdem im November vergangenen Jahres zuerst der Journalist und Filmemacher Claude Lanzmann, dann einen Monat später der polnische Schriftsteller Witold Marian Gombrowicz und schließlich im Januar der berühmte chilenische Dichter Pablo Neruda in der autobiografischen Lesungsreihe vorgestellt wurde, ließen Marieke Kregel und Patrick Dollas gestern die Jugendgeschichte des 1928 im senegalesischen Matam geborenen, afrikanischen Aristokratensohnes Cheikh Hamidou Kane, alias Samba Diallo lebendig werden. Eine bewegende, traurige und gleichzeitig anklagende Geschichte, die das hauptsächlich ökonomische Gewinnstreben der westlichen Welt einer tief verwurzelten religiösen und kulturellen Identität der afrikanischen Völker gegenüberstellt. "Eure Äußerlichkeiten ergreifen langsam Besitz von uns und werden uns zerstören", weiß Samba Diallos Vater schon sehr früh, lässt seinen tief religiösen Sohn aber dennoch eine kolonialistische Schule besuchen und schickt ihn später sogar zum Studieren nach Frankreich. Doch der verliert sich dort in der westlichen Welt und ist bei seiner Heimkehr nach Afrika nur noch ein seelisch leerer Mensch, der verzweifelt aber vergeblich noch einmal zu den islamischen Werten seiner frühkindlichen Erziehung zurückzukehren versucht, bevor er ohne neue Hoffnung den Tod findet. Cheikh Hamidou Kane hat seinen autobiografischen Roman vor mehr als 60 Jahren geschrieben, dass er in der Lesung dennoch kein bisschen überholt erschien, verdankt er eindeutig der Vorlese- und Schauspielkunst von Marieke Kregel und Patrick Dollars. Es war zeitweise nicht das geringste Räuspern zu hören.

(lang)
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