Mönchengladbach Wut-Film in Wickrath

Mönchengladbach · 120 Gladbacher Schüler haben den Film exklusiv gesehen, über den ganz Deutschland spricht. In „Wut“ geht’s um das deutsch-türkische Miteinander. Im Kunstwerk diskutierte TV-Frau Sandra Maischberger darüber mit Experten.

Ein vermeintlicher Skandalfilm? So richtig verstehen konnte das Etikett hinterher niemand mehr. Noch vor seiner Erstausstrahlung rief der Fernsehfilm „Wut“ entrüstete Reaktionen hervor, aus Jugendschutzgründen verschob die ARD den Sendetermin schließlich vom vergangenen Mittwoch, 20.15 Uhr, auf heute Abend, 22 Uhr. Aber warum – das konnten die 120 Schüler, die sich das Werk über Jugendgewalt zusammen mit ihren Lehrern im Wickrather Kunstwerk ansahen, nicht nachvollziehen.

„Ich fand den Film sehr realistisch. Die ganze Aufregung verstehe ich nicht“, fand die 16-jährige Denise, die auf die Hauptschule Dohler Straße geht. Ihre Schulkameradin Janine sah dies genauso. „So geht es nun mal auf der Straße zu. Das Ende des Films ist zwar übertrieben, aber ansonsten trifft der Film den Kern“, meinte die 15-Jährige. Prügeleien und Brutalität? Natürlich sei das nicht gut, aber man dürfe das auch nicht einfach so beiseite wischen. „Leider gehören Provokationen zum Alltag. Weniger auf dem Schulhof, sondern allgemein. Zum Beispiel beim Stadtbummel. Manchmal enden die Provokationen in Schlägereien“, sagte Denise.

Wenn man betrachtete, wie gebannt und betroffen die Schüler auf die Leinwand blickten, wurde man ein Gefühl nicht los: Irgendwie schienen sie „Wut“ mit anderen Augen zu sehen als so mancher Jugendschützer. Die Schüler sahen weniger die Gefahr, als die Chance, die der Film birgt. Die Hoffnung, er könne eine längst überfällige Debatte über Umgangsformen in Gang setzen. Der spätere Sendetermin sei hierfür nicht dienlich. „Dadurch werden diejenigen ausgegrenzt, um die es geht“, fand auch Hauptdarsteller Oktay Özdemir, der in „Wut“ als Anführer einer Straßengang zu sehen ist. „Nicht die Erwachsenen müssen sich mit dem Thema Jugendgewalt auseinandersetzen, sondern die Jugendlichen selbst. Der Film soll wachrütteln.“

Das dürfte gelingen. Denn im Kern ist „Wut“ alles andere als eine reine Gewalt-Schau. Es geht um Freiheit und Verantwortung, um Mut und Feigheit, um Ausländerfeindlichkeit und Autorität. „Ich fand den Film sehr differenziert und gelungen. Statt Schwarz-Weiß-Malerei werden viele Aspekte gezeigt“, betonte Brigitte Vieten, Schulleiterin der Hauptschule Dohler Straße.

Im Anschluss an die Film-Vorführung diskutierten Armin Laschet (NRW-Integrationsminister), Uwe Schünemann (Innenminister von Niedersachsen), der Jugendkriminologe Prof. Christian Pfeiffer und Hüseyin Cansay (Leiter eines Kölner Jugendtreffs) über Jugendgewalt. Der von Sandra Maischberger moderierte Experten-Talk wird heute im Anschluss an „Wut“ in der ARD ausgestrahlt wird.

(RP)
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