Mönchengladbach Weiße Rosen und die Visionen Hans Holleins

Mönchengladbach · Es sollte keine Retrospektive werden, jetzt ist sie doch eine: Die Ausstellung mit Werken des verstorbenen Architekten vom Museum Abteiberg.

 Mit Hans Hollein starb einer der wichtigsten Architekten der Gegenwart.

Mit Hans Hollein starb einer der wichtigsten Architekten der Gegenwart.

Foto: afp, pbe-iw

Sieben weiße Rosen mit einer schwarzen Schleife empfangen seit gestern den Besucher der Ausstellung "Alles ist Architektur" im Museum Abteiberg. Sie nötigen einen Moment innezuhalten und dem verstorbenen Architekten und Künstler Hans Hollein zu gedenken. Die Ausstellung, die zu seinem 80. Geburtstag am 30. April 2014 kuratiert wurde, und wie es im Begleitheft dazu heißt "die einzigartige Bedeutung Hans Holleins als Ausstellungsmacher und Museumsarchitekt" in den Mittelpunkt stellt, sollte ausdrücklich keine Retrospektive sein, zu der sie nun wird. Vor allem, weil sie viele frühe Medien, Objekte und Dokumente zeigt, die ihrer Zeit weit voraus waren. Die Ausstellung findet immer wieder neue Blickwinkel, aus der sie den Künstler betrachtet, so wie Hollein immer wieder seine Kunst und Architektur neu betrachtet und hinterfragt hat.

Mönchengladbach: Weiße Rosen und die Visionen Hans Holleins
Foto: Raupold, Isabella

",Die Turnstunde' ist eine Wiederaufführung der 1984 gezeigten Einzelausstellung Holleins'", erklärt Dr. Hannelore Kersting, stellvertretende Museumsleiterin. Diese Zusammenführung von ausstellendem Künstler und Architekt des Raumes in einer Person habe absoluten Seltenheitswert. Drei überlebensgroße Turnerinnen, vier "Pferde", eine Sprossenwand und eine Leiter füllen den Raum für Wechselausstellungen. Die Szene der Turnstunde scheint eingefroren, statisch. Mit der Farbe Gold und Neonlicht weist der Künstler in andere Dimensionen.

"Seine Architektur verliert den Menschen nie aus den Augen"

"Hollein ist immer vielschichtig", so Kersting. Die vier nebeneinander stehenden Pferdeböcke stellt Hollein selbst in den Kontext der Quadrigen wie die am Brandenburger Tor oder an San Marco in Venedig. Erste Skizzen zu den Figuren stellen die Erotik des Körpers dar. Eine Dimension, die immer wieder auftaucht, durchgespielt und transformiert wird. Da werden Akte zu Landschaften und geballte Fäuste zu Hochhäusern - alles ist Architektur. Genau hier ist die Schnittstelle zwischen Kunst und Architektur. Hannelore Kersting formuliert es so: "Man kann seine Architektur nur verstehen, wenn man das Umfeld mit betrachtet. Seine Architektur beleuchtet immer auch menschliche Aspekte, er verliert den Menschen nie aus den Augen."

Sein "Mobiles Büro" von 1969 (!) zeigt Hollein als Visionär, lange vor Laptop und Handy. Temporäres Arbeiten sollte an jedem beliebigen Ort möglich sein. Eine aufblasbare Raumhülle, gefüllt mit den Utensilien eines Architekten, Telefon, Bleistift, Radiergummi, Zeichenbrett und Schreibmaschine bietet die Minimalausrüstung.

Alle Visionen, sogar Utopien, die niemals realisiert wurden, hat Hans Hollein mit dem Bleistift zu Papier gebracht. Denn Visionen entstehen im Kopf, einen Computer hatte er dafür nicht nötig.

(apo)
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